Barcamps & Frontalvorträge: Was ist besser?

Barcamps & Vorträge

Im Rahmen des Digitalen Neujahrsempfangs mit Tourismuszukunft habe ich mir das Thema „Stundenlange Frontalpräsentationen sind besser als offene Veranstaltungsformate“ zur Brust genommen.

Dich irritiert dieses Thema? Gut, dann liest du in diesem Blog hier offensichtlich aufmerksam mit. Denn ja, dieser Titel entspricht so nicht wirklich meiner Meinung. 

Zur Erklärung: Wir haben beim diesjährigen Digitalen Neujahrsempfang unsere Themen quasi „verkehrtherum“ aufgezogen. Also das Gegenteil erzählt, von dem, wovon wir eigentlich überzeugt sind. Weil durch das Überspitzen die Aufmerksamkeit größer ist. Die Teilnehmer wurden dazu angeregt, sich zu hinterfragen, welche Parallelen sie in ihren Unternehmen sehen und wie sie dies verändern können.

 

Was bei offenen Veranstaltungsformaten nicht funktioniert (sagt man)

Das Folgende habe ich im Rahmen des Digitalen Neujahrsempfangs erzählt. All das Genannte sind letztlich tatsächliche Argumente, die oft von Gegnern offener Veranstaltungsformate kommen.

  • Bei offenen Veranstaltungsformaten wird die Organisation schwierig, da du andere Technik brauchst (z.B. extra Mikros, damit auch alle Teilnehmer mitreden können.)
  • Bei offenen Veranstaltungsformaten wird die Organisation schwierig, da du nie genau weißt, ob genug Sessionvorschläge kommen, genügend Personen an deiner Live-Umfrage teilnehmen etc.
Niedersachsencamp 2017: Vor der Sessionplanung

Niedersachsencamp 2017: Vor der Sessionplanung

  • Bei offenen Veranstaltungsformaten wird die Organisation schwierig, da du keine Themen planen kannst – die Teilnehmer bestimmen das Programm (mit).
  • Bei offenen Veranstaltungsformaten wird die Diskussion schwierig, da alle mitreden und auch unterschiedliche Meinungen haben können.
  • Bei offenen Veranstaltungsformaten kannst du dich selbst mit deinen Themen nicht richtig präsentieren – eben weil auch alle anderen mitreden.
  • Bei offenen Veranstaltungsformaten hantieren alle mit ihrem Smartphone herum und hören nicht zu.
  • Bei offenen Veranstaltungsformaten zerreden die Teilnehmer in den Pausen die Inhalte, in Kleingruppen werden komplett andere Themen diskutiert und besprochen als vom Veranstalter geplant.

Okay, das habe ich also beim Digitalen Neujahrsempfang erzählt. Hier auch noch mal zum Nachsehen und -hören:

Digitaler Neujahrsempfang 2018

10 todsichere Wege, um die Digitalisierung im Tourismus zu verhindern! Unser Digitaler Neujahrsempfang 2018!

Gepostet von Tourismuszukunft am Montag, 15. Januar 2018

(Ab Minute 03:30 geht es erst richtig los. Ab Minute 38:40 komme ich.)

Aber wie schon gesagt: „verkehrtherum“ war die Devise.

Und so ist dies nicht meine Meinung. Denn ich bin überzeugt, dass offene Veranstaltungsformate funktionieren.

 

Wie offene Veranstaltungsformate funktionieren

Hier deshalb meine Antwort auf die obigen gerne vorgebrachten Argumente:

  • Bei offenen Veranstaltungsformaten ist die Organisation anders. Das stimmt. Aber auch bei klassischen Konferenzen hat sich die Technik geändert und ändert sich immer weiter. In Vorträgen kommen Video und Audio zum Einsatz. Es werden Live-Schalten zu jemand anders gemacht. Oder auf der Bühne Fragen an Roboter oder sprachbasierte Assistenten gestellt. Das kann natürlich generell eine Herausforderung sein, aber es wird auch keiner zerfleischt, falls etwas mal nicht funktioniert.
  • Es kommen immer genug Sessionvorschläge und genügend Personen zur Teilnahme an deiner Live-Umfrage zusammen. Immer! Falls du dennoch Angst vor einer Blamage hast, kannst du vorher ein paar Themen mit potentiellen Sessionhaltern vorbesprechen. (Auch wenn ich dir nach wie vor verspreche, dass du sie aller Voraussicht nach nicht benötigen wirst.)
Niedersachsencamp 2017: Nach der Sessionplanung

Niedersachsencamp 2017: Nach der Sessionplanung

  • Bei offenen Veranstaltungsformaten reden die Leute über die Themen, die sie wirklich interessieren. Und das sind nicht unbedingt die Themen, die du bei deiner Konferenz-Planung ein halbes Jahr vorab im Hinterkopf hattest. Dass die Teilnehmer bei deiner Veranstaltung über ihre Themen reden können, erhöht letztlich das Interesse an deinem Event.
  • Unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen sind großartig! Hierdurch ist ein komplexeres Bild möglich. Vielleicht haben andere Teilnehmer ja Hintergrundinformationen zu einer bestimmten Technik, einem Produkt oder ähnlichem, die dir nicht vorliegen. Du kannst dein eigenes Denken und Verhalten hierauf basierend hinterfragen und gegebenenfalls anpassen.
  • Wenn du bei einem Barcamp mit deinen Themen untergehst, bist du – sorry – selbst schuld. Ja, dich stellt keiner auf die Bühne. Aber du kannst dich bei relevanten Diskussionen einbringen, dein Know-how und deine Erfahrungen mit den anderen Teilnehmern aktiv teilen.
  • Das Smartphone wird bei offenen Veranstaltungen stark dazu genutzt, die Diskussionen nach außen zu tragen. Das ist gut. Nicht jeder kann vor Ort dabei sein, aber so sind Themen auch im Nachgang bzw. zeitgleich abrufbar. Wie oft habe ich selbst schon vorm Rechner gesessen und über Twitter die Diskussionen zu einem bestimmten Thema mitverfolgt. Und ja, die Inhalte da sind stark verkürzt. Und oft fehlt der Zusammenhang. Dennoch spannend und auch relevant. Außerdem: Gerade der oftmals fehlende Zusammenhang ist ein Grund, jemanden aktiv – ob aus dem eigenen Unternehmen oder bezahlt von außerhalb – anzustellen, um die Inhalte sinnvoll zu kommunizieren.
  • Es ist super, wenn alle miteinander reden. Sich austauschen. Der persönliche Kontakt sorgt letztlich dafür, dass auch der spätere digitale Kontakt zwischen den Leuten besser ist und gegebenenfalls konkrete Projekte entstehen. Bei einer Frontalpräsentation, bei welcher die Teilnehmer stundenlang an ihren Platz „gefesselt“ sind, passiert dies hingegen nicht. Da lernt man nur die beiden Leute neben sich kennen.

 

Ja, Barcamps sind toll.

Aber auch frontal geführte Vorträge sind gut. Letztlich geht es hier – wie bei allen Aktivitäten – um die Frage der Zielstellung. Basierend hierauf sollte die Wahl des Veranstaltungsformates bestimmt werden.

 

Deshalb: Plädoyer für Vorträge

Bei einem Vortrag steht eine Person auf der Bühne und spricht zu einem konkreten Thema. Die Teilnehmer fungieren rein als Zuhörer. Bei einem Vortrag steht oft die Wissensvermittlung im Mittelpunkt. Und zwar die schnelle Wissensvermittlung an eine relativ große Anzahl Zuhörer. Mit weniger Teilnehmern werden oft eher Seminare oder Workshops als Veranstaltungsformat bevorzugt, bei welchem die Teilnehmer selbst sich aktiv einbringen. Vorträge bieten diese Mischung aus Theorie und Praxis nicht.

Vortrag auf der ITB 2017

Vortrag auf der ITB 2017

Vorträge eignen sich perfekt für folgende Formen:

  • Impulsvortrag zu einem bestimmten Thema, um beispielsweise den Rahmen für ein Thema zu setzen. Das könnte beispielsweise auch als Einstieg zu einem Barcamp funktionieren oder als Einstieg in einen Workshop.
  • Mehrere Vorträge, welche ein bestimmtes Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. So kannst du ein Thema aus Sicht der Gastronomen, der Regionen und der Gäste beleuchten. Oder du kannst ein Thema mit einem Für- und einem Wider-Sprecher präsentieren.

Wo Barcamps damit punkten, dass die Themen erst vor Ort gemeinsam bestimmt werden, punkten Vorträge damit, bereits vorab eine klare Agenda zu liefern. Auf viele Veranstaltungen kommen Teilnehmer gerade aus dem Grund, um sich den jeweils Vortragenden anzuschauen bzw. um sich dessen konkrete Sicht auf das Thema anzuhören. Die richtige Auswahl der Speaker hat somit definitiv Einfluss auf die Anzahl der Teilnehmer.

Vorträge sind also definitiv nicht besser oder schlechter als Barcamps oder andere offene Veranstaltungsformate. Es kommt immer auf den Rahmen und dein Ziel an. Aber: Stundenlange Vorträge ohne irgendwelche Pausen sind definitiv schlechter als alles andere.

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Ich unterstütze touristische Unternehmen bei ihrer Strategie, v.a. in Bezug auf Stakeholder-Management, Zielgruppen und Produkt-Entwicklung. Auf diesem Blog schreibe ich darüber sowie über meine Herzensthemen Barcamps und das Bloggen an sich. Mehr gibt es bei „Über mich“. Du kannst mich übrigens auch buchen. Ich bin Beraterin und Netzwerkpartnerin bei Tourismuszukunft. Infos sowie Kontaktdaten: Kontakt.

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