Die DB als App auf dem Smartphone – besser als mit Leuten zu reden

SocialMedia: Lieber eine App als echte Kommunikation

Ich mag Digitales. Klar, sonst gäbe es dieses Blog hier nicht und sonst würde ich nicht machen, was ich mache. Mitunter wird mir dann vorgeworfen, ich müsste mehr mit Leuten reden.

Wenn die Technik aber besser ist – warum dann mit den Leuten reden? Erst letzte Woche wurde mir dies wieder einmal anhand der DB App bestätigt.

Dass ich abends nachts auf den Zug wartend auf dem Dresdner Bahnhof stand, habe ich schon in dem Beitrag „Wann und wie schreibe ich meine Blogbeiträge?“ erwähnt. Das Warten gestaltete sich wie folgt.

 

Stufe 1: Warten auf den Zug

  • Die große Anzeigetafel des Hauptbahnhofs zeigt eine Verspätung für meinen Zug von 70 90 100 110 120 Minuten an.
  • Auch die DB App auf meinem Smartphone zeigt eine Verspätung an, allerdings durchgehend eine halbe Stunde mehr als diejenige auf der Anzeigetafel.
  • Ich frage bei dem Mann am Infoschalter der Bahn nach (ich möchte schließlich nicht in einem Café sitzen, wenn der Zug gerade abfährt): Dieser bestätigt mir die DB App-Zeit.

Reale Verspätungen anzeigen: Die Anzeigetafel ist ungenau, die DB App genau. Der Mensch greift auf die gleiche Information zu wie die App – warum also ihn fragen?

Regionalbahn auf dem Dresdner Hauptbahnhof bei Nacht

Nachts auf dem Dresdner Hauptbahnhof: Gegenüber fahren noch Regionalbahnen

Stufe 2: Verständnis für die Bahn

Im Café des Bahnhofs sowie auf dem Bahnsteig selbst unterhalte ich mich mit anderen Reisenden. Ja, das kann ich auch. Wir reden darüber, wohin sie noch wollen. Was sie von der Verspätung halten. Allgemeines Resümee: Man hat Verständnis für die Verspätung (vereiste Oberleitungen sind nun mal vereiste Oberleitungen), aber Hauptsache, der Zug kommt.

Allerdings wünscht man sich mehr Informationen.

  • Von der Bahn ist keiner auf dem Gleis zu sehen, nur zwei Sicherheitsleute, die allerdings auch keine Ahnung haben.
  • Die Anzeige auf dem Gleis funktioniert nicht. Durchsagen gibt es keine.
  • Die große Anzeigetafel in der Bahnhofshalle sagt, der Zug käme jeden Moment. Obwohl er laut DB App noch in der Sächsischen Schweiz herumkurvt.
  • Ich versorge die Leute auf dem Gleis für die Nachtzüge nach Amsterdam und Zürich mit den aktuellen Verspätungsinformationen aus der DB App.

Gespräche am Gleis: Die Gespräche sind nett, hilfreich ist jedoch vor allem die DB App auf meinem Handy.

Weihnachtsbaumkugeln im Dresdner Hauptbahnhof

Nachts auf dem Dresdner Hauptbahnhof: Beschäftigungstherapie mit Fotospielereien

 

Stufe 3: Verwirrung in der App

Nach zweieinhalbstündigem Warten erhalte ich aus meiner DB App den Hinweis, „Zugausfall oder fehlender Zughalt“. Häh?

  • In der DB App ist der Zug plötzlich nicht mehr vorhanden.
  • Mein Zug ist ebenso von der Anzeigetafel verschwunden.
  • Die Anzeige auf dem Gleis funktioniert immer noch nicht.
  • Eine Ansage kommt nicht. Der Mann am Infocounter im Bahnhof hat längst die Jalousien heruntergelassen. Feierabend!

Die DB App zeigt mir nur noch eine Verbindung im CNL Richtung Zürich via Frankfurt. Wen fragen? Spontan twittere ich die @DB_Bahn an:

Dann stelle ich jedoch fest, dass die DB nur bis 22 Uhr auf Twitter erreichbar ist*. Was auch völlig okay ist. Denn:

  • Wie viele Züge fahren nachts?
  • Wie viele davon haben ein Problem?
  • Wie viele Zugreisende betrifft dieses Problem?
  • Wie viele von diesen Zugreisenden sind auf Twitter?
  • Wie viele von diesen nutzen in dieser Situation Twitter?
  • So gut wie keiner.

Erklärungen liefern: Gerne hätte ich mit einem Menschen geredet, nur gab es leider keinen. Von der App hätte ich mir jedoch eine etwas genauere Auskunft gewünscht, was genau mit meinem Zug passiert ist.

Dresdner Hauptbahnhof bei Nacht

Nachts auf dem Dresdner Hauptbahnhof: Nix los.

 

Stufe 4: Frust auf dem Gleis

Endlich die Durchsage:

„Der Nachtzug nach Amsterdam fährt ein.
Dieser fährt heute jedoch nur bis Berlin.“

Stopp. Was heißt das? Möchte ich nachts um 2 in Berlin stehen? Definitiv nicht. Scheinbar habe auch nur ich diesen Berlin-Satz mitbekommen, alle anderen steigen unbekümmert in den Zug. Eine Wiederholung der Durchsage erfolgt nicht. Wozu auch? Ist doch egal, so mitten in der Nacht… Also: Menschen fragen. Die Zugbegleiterin:

Ich weiß von nichts. Ich bin hier die letzte, die irgendetwas erfährt. Wenn einer was weiß, dann der Zugführer.“

Dieser ist 6 Waggons weiter vorn an der Lok (und mit der Zugbegleiterin per Walkie Talkie verbunden. Aber miteinander reden wird scheinbar doch überbewertet). Nach dem Vorbeilaufen an 6 Waggons erfahre ich, dass der Zug tatsächlich nur bis Berlin fährt.

„Sie können dann mit dem Tagesbetrieb weiter fahren. Oder sich ein Hotel in Berlin nehmen.“

Ob ich denn auch mit dem CNL in Richtung Zürich nach Frankfurt fahren könne, immerhin wäre das für mich zumindest die richtige Richtung. Ein schnodderiges

„Sie können machen, was Sie wollen.“

in Mir-doch-egal-Attitüde ist die Antwort. Oh, na danke auch.

App gegen Mensch: Sorry, aber die Menschen haben mir hier gar nicht weitergeholfen, sondern bei mir nur für Aggression und Frust gesorgt. Ich wollte ja, aber so?

 

Stufe 5: Die Räder rollen

Spontan steige ich in den CNL nach Zürich.

  • Der Schaffner ist nett und lässt mich ohne Probleme mitfahren. In Frankfurt weckt er mich (was nicht nötig gewesen wäre, da ich sowieso so gut wie nicht geschlafen habe).
  • Die DB App zeigt mir jeweils die aktuelle Verspätung dieses Zuges an sowie meine möglichen Verbindungen nach Bonn.

Mit zwar nur 75 Minuten Verspätung komme ich letztlich am Morgen in Bonn an. Allerdings müde und gerädert und ziemlich sauer auf die Kommunikation von Seiten der DB.

Die DB App hat mich durchgehend und mit glaubhaften Zeiten auf dem Laufenden gehalten. Die Menschen haben mir entweder das gleiche erzählt wie die App oder nix. Spiel, Satz und Sieg an dieser Stelle für die Technik, die DB App.

Fazit: Ich greife definitiv auch zukünftig lieber auf die DB App zurück, wenn ich etwas wissen möchte.

 

* Übrigens: Der Twitter-Account der @DB_Bahn hat sich am Morgen gleich nach Aufnahme des Betriebs noch einmal bei mir gemeldet. Da konnten sie mir zwar nicht mehr helfen, aber so ein bisschen Zuspruch tut ja auch gut. Also habe ich mich ein wenig mit diesen unterhalten. Wie gesagt, ich rede mit Menschen. Nur eben digital. Das bringt mich oft auch weiter.  

 

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Ich unterstütze touristische Unternehmen bei ihrer Strategie, v.a. in Bezug auf Stakeholder-Management, Zielgruppen und Produkt-Entwicklung. Auf diesem Blog schreibe ich darüber sowie über meine Herzensthemen Barcamps und das Bloggen an sich. Mehr gibt es bei „Über mich“. Du kannst mich übrigens auch buchen. Ich bin Beraterin und Netzwerkpartnerin bei Tourismuszukunft. Infos sowie Kontaktdaten: Kontakt.

9 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Tja, was soll ich dazu sagen?

    „Selbst Schuld, dass Du mit der Bahn fährst“.

    Nein das wäre zu böse. Trifft es aber im Kern.

    Alles, was Du oben geschrieben hast, sind die Gründe, warum ich nach Möglichkeit einen großen Bogen um die Bahn mache und lieber per Flieger unterwegs bin. Oder zur Not mit dem Auto. Denn bei allem Gemaule, dass in der Fliegerei auch nicht mehr alles so toll wäre, ist aber eine Konstante geblieben: Es sind Menschen, mit denen man als Passagier zu tun hat und diese sind, mit wenigen Ausnahmen (z.B. bei einer bestimmten irischen Billig-Airline) freundlich. Egal ob am Boden oder an Bord des Flugzeuges. Eine Freundlichkeit, die ich schon immer – auch vor der Privatisierung – bei der Bahn vermisst habe.
    Natürlich weiß ich, dass keine täglichen Flugverbindungen zwischen CGN und DRS gibt (tatsächlich nur Do., Fr., Sa. + So.). Aber dann würde ich mich lieber in ein (beheizbares und damit warmes!) Auto setzen als stundenlang an einem zugigen Bahnhof warten zu müssen. Auch hier ein Vorteil beim Fliegen: In Flughäfen ist es warm und es zieht nicht ;-)
    Trotzdem Danke für Deinen Erfahrungsbericht! Aber auch mit der App (die bei meinem letzten Bahn-Trip nach Bremen nicht die Realität wider spiegelte) werde ich in diesem Leben kein Freund der Deutschen Bahn mehr…

  2. Tja, die Menschen sind halt immer der Punkt, an dem es hängt. Ich habe beim Bahnfahren mit meinen Kids aber auch schon sehr viele freundliche Mitarbeiter getroffen; von denen erzählt es sich halt nur nicht so gut, gell?

    Danke jedenfalls für den App-Tipp, werde gleich mal schauen, ob es die auch für Windows Phone gibt. Und wenn du das nächste Mal nachts in Dresden strandest, sagst du einfach Bescheid, dann kannst du bei uns auf dem Sofa schlafen! :-)

    LG Jenny

  3. Hi Ingo,
    es ging mir nicht darum, das Bahnfahren schlecht zu schreiben. Es ging mir bei dem Beitrag eher um eine Art Loblied auf die Technik aka App.
    Ich bin tatsächlich überzeugte Bahnfahrerin. Im Oktober habe ich in einer Woche 6 Bahnfahrten gemacht (zum Teil mit dreimal umsteigen) und alles (!) hat einwandfrei funktioniert. Ich fahre lieber Bahn, als dass ich fliege, wegen: Weniger Wartezeit (kein Sicherheitscheck, warten auf Boarding etc.), mehr Platz, mehr Bewegungsfreiheit, besser zum Arbeiten und ich lande jeweils direkt im Zentrum der Stadt, wo ich hin will. Alles top so!
    Aber ich weiß natürlich auch, dass ich dich in diesem Leben nicht mehr vom Bahnfahren überzeugen kann. :)
    Liebe Grüße, Kristine

  4. Hi Jenny,
    stimmt, über Reisen, bei denen alles gut geht, kann man definitiv weniger schreiben. Wobei ich generell (siehe auch den obigen Kommentar) überzeugte Bahnfahrerin bin und definitiv auch bleibe.
    Die DB App gibt es auch für Windows Phone (http://www.windowsphone.com/de-de/store/app/db-navigator/e2659b0e-f62a-e011-854c-00237de2db9e), allerdings wohl mit weniger Funktionen als bei iOS und Android, bspw. ohne Handyticket.
    Beim nächsten Besuch in Dresden melde ich mich einfach vorher bei dir. Treffen auf ein Käffchen oder zwei geht schließlich auch ohne Not-Sofa.
    Liebe Grüße, Kristine

  5. Pingback: Lesenswerte Links – Kalenderwoche 51 in 2014 > Vermischtes > Lesenswerte Links 2014

  6. Danke für den interessanten Bericht. Auch ich habe mich schon öfters über die „Zeitunterschiede“ zwischen App-Info und Bahnsteig-Info gewundert.
    Das Twitter-Team der DB finde ich eigentlich recht gut, die machen gute Arbeit!
    Mittlerweile kommt man einfacher voran, wenn man sich selbst in der Materie auskennt. Nur das darf es halt nicht sein, denn der einfache Gast/Kunde/Passagier vertraut ja auf den Dienstleister. Aber da kann man es sich natürlich einfach machen, immer die Verantwortung von sich auf andere zu schieben. Das habe ich auch schon bei Airlines erfahren müssen.

  7. Hallo Henrik,
    das Twitter-Team der DB ist definitiv super! Was ich bei denen besonders gut finde: Die Leute hinter dem Twitter-Account haben ein gutes Gespür dafür, mit wem der Kunden sie wie kommunizieren können/ müssen. Wo ein Smiley passt – und wo eher nicht.
    Liebe Grüße und wünsche viele weitere unkomplizierte Reisen,
    Kristine

  8. Ich fahre seit ungefähr einem Jahr verstärkt mit der Bahn zu meinen Eltern. Anfangs hatte ich etwas Bedenken, ob ich mit meinen Kindern in der ersten Klasse fahren kann, ohne, dass sie jedem, der da sitzt, auf den Keks gehen, aber das funktioniert super und die Bahnbediensteten sind überwiegend freundlich und nett.

    In diesem einen Jahr habe ich die Annehmlichkeiten der Bahn zu schätzen gelernt, zuletzte kostenloses WLAN im ICE in der ersten Klasse und gerade neu über die Feiertage auch über die App. Was allerdings auch funktioniert, ist die LIVE-Auskunft, ich schätze, das läuft über das gleiche System. Ich bin am WE schon vorgefahren und meine Kinder kamen gestern nach. Von unterwegs habe ich erfahren, dass der Zug 15 Minuten Verspätung haben soll. Die LIVE-Auskunft zeigte mir zuerst 20, danach 24 Minuten an. Daher bin ich wesentlich später zum Bahnhof gefahren und während am Bahnsteig immer noch 20 Minuten stand, konnte ich mich auf die 24 verlassen. Nicht, dass das jetzt gravierend war, aber wenn man in der Eiseskälte am Bahnsteig wartet, sind vier Minuten mehr oder weniger dann schon ein kleiner Luxus.

    Aber es ist, wie Du schreibst, man muss sich mit der Technik beschäftigen, egal, mit welcher.

    LG
    Daggi

  9. Hi Daggi,
    danke für deine Erfahrungen.
    Ich bin selbst auch überzeugter Bahnfahrer. Ich glaube ja mittlerweile: je mehr man mit dem Zug fährt, desto besser findet man die Bahn. Einfach, weil man da tatsächlich ganz viele positive Erfahrungen sammeln kann.
    Liebe Grüße und frohes (Blog-)Jahr 2015, Kristine

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