Was aus der Corona-Zeit gerne bleiben darf

Selten hat man den Satz „Dieses Jahr kann jetzt auch gerne weg.“ so oft gelesen wie in den letzten Tagen. Und ja, es gibt nichts daran herumzukritteln: Das Jahr 2020 zählt definitiv nicht zu den besten Jahren.

Dennoch gibt es da tatsächlich einiges, was ich sehr gerne aus diesem Jahr mitnehmen würde, in das Jahr 2021 und gerne auch darüber hinaus.

Kreative Angebote für Gäste

Plötzlich ging vieles nicht mehr so, wie wir es gewohnt waren. Vieles wurde deshalb anders gedacht und neu entwickelt. Es war unglaublich, wie viel Kreativität aufgrund der neuen Rahmenbedingungen entstand:

  • Hotelzimmer als Homeoffice-Ersatz
  • Frühstück nach Bestellung individuell zusammengestellt und serviert an Stelle eines Frühstücks-Büffets
  • Essen in Mini-Gewächshäusern
  • „Menü to go“ zum zu Hause fertig kochen (Ein ganz herzlicher Dank geht an dieser Stelle an euch, liebes Strandhaus hier in Bonn!)
  • Ausstellungen als Drive through
  • Virtuelle Ausstellungen und digitale Führungen
  • Digitale und interaktive Stadtführungen
  • Digitale Wein- oder Bierverkostungen mit vorab geliefertem Getränke-Paket

Mir ist bewusst, dass viele der genannten Umsetzungsvarianten aus Kosten-, Logistik- oder sonstigen Gründen kein Standard werden können. Dennoch: Wie wäre es, wenn wir zukünftig nicht erst auf Katastrophen und Pandemien warten, sondern uns regelmäßig fragen: Wie können wir unser Angebot anders, kreativer, besser machen?

(Mir ist dabei an dieser Stelle extrem wichtig zu erwähnen, dass es mir hier nicht um jede Form von Kreativität geht. Bei Ansätzen im Sinne von „Statt Hotel sind wir ab jetzt ein Verein. Bei uns brauchst du keine Maske aufzusetzen.“ könnte ich einfach nur kotzen. Sorry für die Wortwahl, aber so etwas macht mich aktuell einfach extrem wütend!)

Mehr Regionalität

Kauf vor Ort? Klar doch!

Viele – auch ich selbst – haben ihren Wohnort während Corona noch einmal ganz anders und neu kennengelernt. Zum einen, weil man größtenteils sowieso nirgends anders hin konnte, zum anderen weil ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl entstand. Gerade kleinere Unternehmen mit einem starken persönlichen Bezug zu ihren Kund*innen konnten in meiner Wahrnehmung viel Solidarität verzeichnen.

Wie wäre es, wenn wir auch zukünftig dem Regionalen mehr Raum geben? Bei unseren Lebensmittel- und sonstigen Einkäufen? Oder bei unseren Reisen? Sicherlich auch mit Blick auf den Klimawandel mehr als nur „nicht die schlechteste“ Wahl.

Digitalisierung von Prozessen

Boots-Vermietung online? Klar doch!

Wie schwierig es digitale Prozesse vor Corona doch hatten. Und wie schnell plötzlich viele Dinge in Richtung der Kund*innen einfach so umgesetzt wurden:

  • Online-Reservierungen für Restaurants
  • Digitale Buchungssysteme für Sauna etc.
  • Kartenzahlung auch bei Anbietern wie Bäckereien
  • Online-Tickets mit Timeslots in Museen und Attraktionen
  • Besucherzählung und -lenkung mit Hilfe entsprechender Technik – sowohl indoor wie outdoor
  • Datenbanken mit (corona-)aktuellen Informationen zu Öffnungszeiten von Anbietern

Gab es alles schon vor Corona? Ja. Eigentlich. Oft jedoch nur in der Theorie, weil der Mehrwert oftmals nicht gesehen wurde oder das Thema schlicht und einfach „auf die lange Bank geschoben“ wurde. Corona brachte die Theorie in die Praxis, Corona beschleunigte bereits angelaufene Entwicklungen.

Wie wäre es, wenn wir zukünftig nicht erst darauf warten, dass wir aufgrund äußerer Einflüsse Angebote oder Prozesse ins Digitale verlegen müssen, sondern uns regelmäßig fragen: Welche Prozesse braucht es überhaupt noch? Und welche Prozesse können wir in welcher Form – letztlich völlig egal, ob digital oder nicht-digital – verbessern?

Digitales Stakeholder Management

Karlsruher Barcamp digital? Klar doch!

Ein großer Teil der physischen B2B-Veranstaltungen 2020 fiel aus. Ein großer Anteil wurde jedoch alternativ digital umgesetzt. Und ja, das ging. Gab es anfangs noch Berührungsängste und die ein oder anderen technischen Probleme in Videokonferenzen, so entwickelten wir im Lauf des Jahres alle zusammen immer mehr Routine miteinander.

Es war toll, wie sich Kunden auf die neuen Möglichkeiten einließen. Hier nur eine kleine persönliche Auswahl:

  • Gemeinsam mit meiner Tourismuszukunft-Kollegin Andrea führte ich gefühlt unzählige digitale Workshops zu den Themen Produktentwicklung und Content für Gastgeber*innen in Brandenburg durch.
  • Mit Alex, Martin und Pascal führte ich durch den digitalen Tourismustag Schleswig-Holstein – mit Präsentationen, Video-Einspielern, Diskussionsrunden.
  • Mit Johannes durfte ich digitale Netzwerktreffen für München moderieren – eine Mischung aus Input und Austausch.
  • Und mit Pascal veranstaltete ich zum Abschluss des Jahres eine digitale Party zum Start des Tourismusnetzwerks Sachsen – inklusive Glücksrad und Partymusik.

Workshops, Tourismustage, Netzwerktreffen, Barcamps – all dies ging plötzlich online. Und ja, auch das ging theoretisch schon vor Corona. Nur machte es keiner, wollte es keiner.

Wie wäre es, wenn wir uns zukünftig die Freiheit nehmen, das jeweils beste Format auszuwählen? Also abhängig von der jeweiligen Zielstellung schauen, was das passendste Format ist? Vieles geht online genauso gut und manchmal sogar tatsächlich besser als offline, für anderes ist offline hingegen doch die bessere Wahl. Lasst uns sinnvoll entscheiden, nicht einfach auf den Status „vor Corona“ zurück gehen!

Generell: Mehr Neugier und Mut

Für all die obigen Punkte braucht es Neugier und ein kleines bisschen Mut. Die Neugier darauf, alles mal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Und den Mut, Neues tatsächlich anzugehen, zuzulassen, auszuprobieren. Ich weiß, dass dies im normalen Alltag oft untergeht. Nehmt euch die Zeit dafür. Sie ist wichtig. In Summe werden die Mutigen dabei mehr gewinnen als verlieren.

Corona hat uns in den letzten Monaten oft nur reagieren lassen. Es ist bereits deutlich, dass uns Corona  noch eine ganze Weile begleiten wird (und sicherlich zukünftig auch die ein oder andere Pandemie). Wenn wir ständig versuchen, dies zu ignorieren und einfach alles zurückzudrehen, als wäre nichts gewesen, gewinnt Corona gleich zweimal. Lasst uns zukünftig deshalb mehr agieren und die Erfahrungen des Anders-machen-müssens zu einem Besser-machen-wollen ummünzen.

 

Das könnte dich auch interessieren:

Ich unterstütze touristische Unternehmen bei ihrer Strategie, v.a. in Bezug auf Stakeholder-Management, Zielgruppen und Produkt-Entwicklung. Auf diesem Blog schreibe ich darüber sowie über meine Herzensthemen Barcamps und das Bloggen an sich. Mehr gibt es bei „Über mich“. Du kannst mich übrigens auch buchen. Ich bin Beraterin und Netzwerkpartnerin bei Tourismuszukunft. Infos sowie Kontaktdaten: Kontakt.

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo Kristine,
    herzlichen Dank dafür, dass du auch das Gute aus dieser Zeit herausstellst.
    Ich habe den Eindruck, dass wir zurzeit in einem Übungsfeld für Neues und Kreatives unterwegs sind, und dass wir über den Online-Kontakt auch näher zusammenrücken.
    Bei mir und meinem Umfeld hat sich auch eine größere Dankbarkeit für alles, was noch oder wieder geht und eine ganz andere Wertzschätzung für das, was wir hatten und hoffentlich bald wieder haben, entwickelt.
    Herzliche Grüße
    Sabine

Schreibe einen Kommentar