Raumgestaltung bei Barcamps: gerne einfach anders

Raumgestaltung bei Barcamps

Barcamps funktionieren wegen der Teilnehmer*innen. Barcamps benötigen aber ebenso den passenden Rahmen bzw. konkret: die passenden Räume und ihre Gestaltung.

In den letzten Jahren bin ich auf diversen touristischen sowie klassischen Barcamps gewesen – sowohl als Teilnehmerin, als auch als Moderatorin. Basierend hierauf ein paar Tipps für die Raumgestaltung bei deinem nächsten Barcamp.

 

Der generelle Rahmen

Bei einem Barcamp laufen mehrere Themen zeitgleich. Es braucht also prinzipiell mehrere Räume. Idealerweise verfügen diese über verschiedene Raumgrößen, sodass Sessions mit unterschiedlich großem Interesse von Seiten der Teilnehmer*innen entsprechend verteilt werden können.

Darüber hinaus benötigst du noch einen großen Raum, in welchem alle Teilnehmer*innen unterkommen können – egal ob sitzend oder stehend. Dieser wird für die Vorstellungsrunde, Sessionsplanung sowie Feedbackrunde genutzt und kann ebenso als normaler Sessionraum zur Verfügung stehen.

 

Sehr toll: Besondere Räume

Was mir bei Barcamps und ihren verschiedenen Räumen besonders gefällt: Wenn sich diese generell unterscheiden, nicht ein Raum wie der andere ist. Oft genügt es auch schon, wenn ein Raum in seiner Gestaltung besonders heraussticht.

Das CastleCamp in Kaprun begeistert jedes Jahr von Neuem die Teilnehmer*innen mit seinem Burghof. Diskussionen unter freiem Himmel lassen einfach der Kreativität mehr Raum.

Beim Tourismuscamp 2019 in St. Peter-Ording gab es einen Yogaraum, in welchem die Teilnehmer*innen ihre Schuhe ausziehen mussten und auf dem Boden bzw. dort verteilten Sitzkissen saßen.

Beim Thüringer Barcamp Tourismus mit Student*innen und Azubis nutzten wir aufgrund des wunderbaren Wetters einen „Outdoor-Sessionraum“.

Ebenso oft auf Barcamps gesehen: Gemütliche Sofaecken für die eher kleinen Sessionrunden.

All diese Räume tragen eine besondere Atmosphäre in sich. Manche Sessions gehören einfach hierhin. Denn die Räume beeinflussen letztlich auch die Diskussionen und Gespräche. In Thüringen war mir als Moderatorin beispielsweise sofort klar, dass ich die angebotene Klimasession sowie die Session zum Thema Fremdenfeindlichkeit auf den Outdoorbereich lege. In den Yogaraum in St. Peter-Ording hätte eine stark technisch geprägte Session nicht gepasst, stattdessen waren all die Gespräche über die Menschen im Tourismus hier wunderbar aufgehoben.

Welche Locations mit besonderen, außergewöhnlichen Räumen kannst du anbieten?

 

Alternativen zu Tisch und Stuhl

Nicht in jeder verfügbaren Barcamplocation gibt es besonders gestaltete Räume. Dann musst du mit dem arbeiten, was vorhanden ist. Doch auch hier kannst du improvisieren und neue Impulse setzen.

Tische und Stühle sind Standards. Wir alle haben sie im Büro stehen. Und in Seminarräumen. Die Lehnen sorgen dabei gefühlt oft für ein Zurücklehnen, ein passives Zuhören. Was hältst du deshalb von alternativen Sitzmöglichkeiten?

Bei der MEXCON 2018 sah ich in einem Raum wunderbar bunte Sitzwürfel stehen. Allein die Farben verbreiteten schon eine fröhliche Stimmung. Außerdem flexibel zu verrücken. Und vor allem: Diese Sitzwürfel bieten definitiv ein anderes Sitzgefühl als im Büro oder zu Hause im Sessel.

Auch Liegestühle, Sitzsäcke, Matten sind als Sitzmöglichkeiten denkbar. Wobei ich persönlich Liegestühle und Sitzsäcke nicht so mag – hier passiert nämlich sehr schnell, dass sich die Teilnehmer*innen nicht nur körperlich sondern auch in der Kommunikation „zurücklehnen“, abhängen. Wie wäre es stattdessen mit ein paar Paletten mit Kissen darauf, wie beim Hotelcamp 2018 gesehen?

Anderes Mobiliar sorgt dafür, dass die Leute aus ihren Gewohnheiten gerissen werden. Und genau das soll ein Barcamp ja generell bewirken. Die Vorstellungsrunde, das Duzen, die gemeinsame Sessionplanung – all das sorgt in seiner Gesamtheit für eine neue, ungewohnte Atmosphäre. Andere Sitzmöbel als die üblichen regen die Kreativität an und sorgen für ein Gemeinschaftsgefühl.

Doch man muss auch nicht immer sitzen. Schon in einem Erfahrungsbericht zum Magic Round Table vom Barcamp Tourismusnetzwerk Rheinland-Pfalz habe ich geschrieben:

Beim Magic Round Table hingegen wird gestanden. Und auch das ändert die Diskussionskultur. Im Stehen kann man sich nämlich beispielsweise ganz schlecht zurücklehnen…

Für zukünftige Barcamps wünsche ich mir deshalb auch ein wenig mehr Mut zum Stehen. Natürlich mit Alternativangeboten für diejenigen mit Rücken- oder sonstigen Problemen.

Welche ungewöhnlichen Sitzmöglichkeiten sind dir bei Veranstaltungen schon einmal untergekommen?

 

Normale Räume, locker gestaltet

Deine Location bietet keine besonderen Räume wie einen Yogaraum oder die Möglichkeit zu einer Outdoor-Session? Alternative Sitzmöglichkeiten wie Sitzsäcke oder Paletten kannst du auch nicht auftreiben? Angst, auch normale Seminarräume kannst du lockerer als gewohnt gestalten.

Tische sind meiner Meinung nach für Barcamps generell ein Problem. Stehen Tische im Raum, sorgen diese meist dafür, dass die Raumgestaltung den ganzen Tag gleich bleibt. Niemand verschiebt mal eben schnell ein paar Tische. Außerdem bilden Tische eine Barriere, eine Grenze zwischen Sessionhalter*in und Teilnehmer*innen. Am besten deshalb: Raus mit den Tischen aus den Räumen. Maximal an den Rand geschoben, um hier gegebenenfalls ein paar Snacks und Getränke darauf abstellen zu können. Oder auch, um sich hierauf setzen zu können – auch auf Tischen zu sitzen, sorgt für ein ungewohntes Sitzen!

Stehen demgegenüber nur Stühle im Raum, werden diese schneller bewegt: Nicht benutzte werden zur Seite geschoben, doch benötigte wieder hinzu geholt, es wird schnell ein Stuhlkreis aufgestellt.

Doch auch Stühle sind nicht gleich Stühle. Bei einem Barcamp standen diese einmal perfekt an der Wand eines recht großen Raums aufgereiht. Und blieben die gesamte Zeit genau so stehen. Was man hier beobachten konnte: Die verhältnismäßig große Distanz zu den Sessionhalter*innen sorgte ebenso für eine stärkere Passivität der Teilnehmer*innen, wie das entspannte Zurücklehnen auf den Stühlen, inklusive Kopf an die Wand.

Besser deshalb die Stühle von Anfang an eher wild durcheinander stellen, sodass sich die Sessionteilnehmer*innen automatisch ihren eigenen Raum gestalten müssen. Oder auch: Alles sehr strukturiert hinstellen. Dann aber dafür sorgen, dass es Leute im Raum gibt, die diese Struktur aufbrechen, die einfach anfangen, Stühle zu verschieben. Eben näher ran zur Mitte. Meist braucht es ja nur eine Person, die einfach mal damit anfängt.

Natürlich sind kreative Umgebungen und Locations immer besser als graue Seminarräume. Aber manchmal sind die Bedingungen eben einfach, wie sie sind. Mach das Beste daraus. Arbeite mit dem vorhanden Material und gestalte es um.

 

Und sonst so: Technik & Dokumentation

Neben all den Gestaltungsmöglichkeiten der Räume und Sitzmöglichkeiten braucht es in den Räumen meist noch ein bisschen mehr.

Was meiner Meinung nach in jeden Sessionraum gehört: Ein Flipchart, um die wichtigsten Ergebnisse der Session kurz in Stichpunkten zu notieren. Pinnwände und Moderationskarten werden erfahrungsgemäß deutlich seltener von den Teilnehmer*innen genutzt, Flipcharts sind einfach schneller, direkter, um die Gedanken und Ideen aufzuschreiben.

Mindestens einen der Sessionräume solltest du mit einem Beamer ausstatten. Bei vielen Barcamps werden alle Räume mit einem Beamer bestückt – kann je nach Thema des Barcamps sicherlich auch sinnvoll sein. Im touristischen Bereich ist dies aus meiner Sicht jedoch nicht unbedingt notwendig. Ich selbst finde ja meist die Nicht-Beamer-Sessions spannender, da es bei diesen deutlich stärker um gemeinsame Diskussionen und den Austausch geht.

 

Außergewöhnliche Räumlichkeiten, ungewöhnliche Sitzmöglichkeiten oder irritierende Stühleplatzierung haben letztlich alle das gleiche Ziel: Die Teilnehmer*innen erkennen bewusst und auch unbewusst: Barcamps sind anders, Barcamps sind keine Konferenz, Barcamps bedeuten mitmachen. Natürlich ist dabei klar, dass die Gestaltung immer auch zum Organisator und den Teilnehmer*innen passen muss. Nicht alles geht überall.

 

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Ich unterstütze touristische Unternehmen bei ihrer Strategie, v.a. in Bezug auf Stakeholder-Management, Zielgruppen und Produkt-Entwicklung. Auf diesem Blog schreibe ich darüber sowie über meine Herzensthemen Barcamps und das Bloggen an sich. Mehr gibt es bei „Über mich“. Du kannst mich übrigens auch buchen. Ich bin Beraterin und Netzwerkpartnerin bei Tourismuszukunft. Infos sowie Kontaktdaten: Kontakt.

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