Strategie & Umsetzung im Tourismus

Die Customer Journey: Noch mehr über deine Kunden erfahren

Strategie: Customer Journey - näher dran am Kunden

Was eine Persona ist und welche Vorteile du von dieser hast – darüber habe ich hier schon einmal geschrieben. Wie geht es danach aber weiter?

Die Customer Journey hilft dir dabei, wesentliche Kontaktmomente mit genau dieser Persona zu identifizieren. Wozu? Damit du weißt, welche Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen du wann, wo, wie zur Ansprache deiner Persona einsetzen kannst. Genügt dafür nicht das Persona-Profil? Da steht doch alles drin? Nicht ganz.

 

Die Customer Journey – die Reise des Kunden

Zur Customer Journey gehören die gesamten Phasen einer Reise:

Das Smartphone ist in allen Phasen dabei. Tatsächlich?  (Foto: Greg Snell)

Fünf Phasen – klingt simpel, oder?

Ganz so strukturiert läuft das aber – leider – nicht ab.
Auch nach der Buchung kann noch eine Informationsphase stattfinden.
Oder: Einige buchen gar nichts, fahren einfach so auf gut Glück irgendwohin.
Überleg doch einfach einmal: Wie sieht eine solche gesamte „Reise“ bei dir selbst aus?

Deine Persona hilft dir dabei, genau solche Fragen für deine Zielgruppe strukturiert zu bekommen. Denn von deiner Persona weißt du ja genau, wie sie tickt und wie sie all die obigen Fragen beantworten würde, welche Schritte sie bis zur Buchung unternimmt. Und welche danach.

Das Personaprofil konzentriert sich dabei auf die einzelnen genutzten Kanäle. Wenn du die gesamte Customer Journey für deine Persona durchläufst, werden diese Kanäle in Zusammenhang zueinander gebracht: Welcher Kanal wird wann zu welchem Zweck von der Persona genutzt? Was wünscht sie sich hier? Und was kannst du tun, um deine Persona zufrieden zu stellen?

 

Von der Inspiration zur Buchung

Viele touristische Organisationen und Unternehmen beschäftigen sich meist nur mit der Informationsphase: Welche Informationen werden dem (potentiellen) Kunden wo zur Verfügung gestellt? Dabei liegt der Schwerpunkt ganz oft auf den eigenen Kanälen bzw. sogar nur der eigenen Website.

Schön und gut. Aber: Kommen alle (potentiellen) Kunden überhaupt auf deine Website? Definitiv: Nein. Vielleicht landen sie ja eher auf Bewertungsportalen oder auf Tripadvisor, lesen Blogbeiträge oder Berichte in Zeitungen, nutzen lieber konkrete Unterkunfts- und Attraktionen-Websites als deine Regionen-Site. Die Fragen lauten also:

Aber – stopp mal eben.

Woher wissen diese Personen überhaupt, dass sie nach dir suchen sollen?

Hierfür ist die Inspirationsphase vor der Informationsphase nötig. Die Informationsphase ist quasi das übern-Gartenzaun-grüßen, das „Hey, kennst du mich eigentlich schon? Komm doch mal rüber.“ Dafür musst du aber natürlich wissen, wo der symbolische Gartenzaun deiner Persona steht.

Wie kontaktieren, ohne zu stören?  (Foto: Greg Snell)

Für genau diese Inspirationsphase schaust du dir an, wo sich deine Persona in ihrem Alltag bewegt. Gerade an dieser Stelle sorgt aus meiner Sicht das Durchlaufen der Customer Journey für ganz viel Potential.

Jeder einzelne dieser Schritte, quasi ein gesamter Tagesablauf in all seinen kleinen Bestandteilen, wird beim Durchlaufen der Customer Journey unter die Lupe genommen:

Und ja, es gibt sicherlich einige Momente, in denen deine Persona nicht offen für irgendwelche Werbe-Botschaften von dir ist. Andererseits geht es in dieser Phase ja oft gerade um unbewusste Eindrücke.

Eines meiner Lieblingsbeispiele hierzu:
Eine Persona der Österreich Werbung* geht gerne joggen und nutzt hierfür Apps. Dies war ein wesentlicher Kontaktmoment beim Durchlaufen der Customer Journey dieser Persona. Frage also: Wie ist es möglich, dieser Persona das Land Österreich als Reiseziel nahezubringen, während sie joggt? Antwort: Über eine Kooperation mit Runtastic.
Seit 2015 bietet Runtastic mittlerweile sogenannte Story-Runs an. Das heißt: Der Jogger bekommt ein Hörspiel vorgespielt. Aufgrund der dortigen Inhalte und Geschwindigkeiten ändert auch der Jogger seine Geschwindigkeit. Unbewusstes und automatisches Intervalltraining also.
Und: In einigen dieser Story-Runs wird inhaltlich Österreich präsentiert. Charmant über den Gartenzaun winkend, ohne zu nerven.
(Mehr Infos hierzu gibt es bei Österreich Tourismus sowie direkt bei Runtastic.)

Beim Durchlaufen der Customer Journey wird also geschaut, wo du deine Persona in ihrem Alltag erreichen kannst, um sie überhaupt erst einmal auf dich aufmerksam zu machen. Im weiteren Verlauf stellt sich die Frage, wie die Persona an all ihre gewünschten Informationen zu deinem Produkt kommt und wie sie dieses kaufen kann.
Immer komplett aus Sicht der Persona und ihrer Bedürfnisse gedacht!

 

Während der Reise

Das Schöne: Über die Aktivitäten und Bedürfnisse im normalen Alltag kannst du einerseits ableiten, wo du die Persona wie ansprechen kannst.
Andererseits kannst du davon auch ableiten, was vor Ort für deine Persona wichtig ist.

Beispiele:

Dies gilt dabei immer unter der Berücksichtigung: Nicht alles, was deine Persona im „normalen“ Alltag macht, möchte sie auch im Urlaub tun. Vielleicht will sie ja beispielsweise eben gerade nicht joggen gehen?

Jetzt denkst du vielleicht: „Aber letztlich sind die Ansprüche, beispielsweise für Radwege, doch für alle gleich.“ Nope. Wieder ein paar Beispiele zur Verdeutlichung:

Abhängig von den Bedürfnissen deiner Persona muss also dein Radweg und alles drumherum „designt“ werden. Und du siehst bereits:

Auch klar: Das kannst du nicht allein, hierfür musst du alle deine Partner mit ins Boot holen! Deshalb eben nötig, die Customer Journey deines Kunden auch bei dir vor Ort genauer unter die Lupe zu nehmen.

Zielgerichtete Ansprache dank Customer Journey (Foto: Greg Snell)


Eines meiner Lieblingsbeispiele dazu, welche unterschiedlichen Bedürfnisse unterschiedliche Personae haben:
Bei den Personae der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH* gibt es eine Persona, die bei der Ankunft in der Unterkunft gerne einen Kaffee erhält.
Eine andere sagt: „Ein Getränk? Brauche ich nicht. Blödsinn.“
Die nächste wiederum: „Einen Kaffee eher nicht. Aber gegen einen Prosecco hätte ich nichts einzuwenden.“

Du siehst also, wie unterschiedlich schon Kleinigkeiten sein können.

Indem du dich ganz kleinteilig den verschiedenen Schritten der Reise näherst (bspw.: Anreise > Ankunft im Urlaubsort > Ankunft an der Unterkunft > an der Rezeption > im Zimmer > …), entdeckst du ganz viele kleine Stellschrauben, um die Bedürfnisse deiner Kunden zu befriedigen, sie positiv zu überraschen.
Deine Aufmerksamkeit wird dabei neben den eigenen Kanälen auch auf nicht-eigene Kanäle wie eben ÖPNV, Shoppingmöglichkeiten & Co gelenkt. Auch hier musst du dich der Frage stellen: Wie kann ich meine (potentiellen) Kunden an diesem Kontaktmoment ideal bedienen?

Und ja: Kleinteilig heißt, das kostet Zeit. Aber: es ist überaus hilfreich.

In meinen Customer-Journey-Workshops mit Regionen sind oft auch deren Partner mit am Tisch, Unterkünfte, Sehenswürdigkeiten, Gastronomie. Es ist dabei wunderbar zu sehen, wie die Ideen aus all diesen nur so heraussprudeln. Wie jeder sich ganz eigene Notizen macht, was das genau für das eigene Produkt jetzt bedeutet.

 

Ergebnisse eines Persona- und Customer-Journey-Prozesses

Ich begleite gerade für eine Region einen Persona- und Customer-Journey-Prozess. Für die Customer Journey einer Persona nahmen wir uns hier zwei ganze Tage Zeit. Am Ende waren vier Moderationswände vorn und hinten mit unzähligen Kärtchen = unzähligen Ideen und Hinweisen vollgepackt. Einige davon komplett verrückt, einige aus der Richtung „Machen wir schon“, einige von „Hey, warum eigentlich nicht?“

Workshop Customer Journey – Beispiel

Unter anderem als Ergebnis dieses Durchlaufens der Customer Journey wird aktuell die komplette eigene Aufgabenstellung und Ausrichtung dieser Organisation in Frage gestellt.

Statt Geld für Anzeigenschaltungen oder Messen in die Hand zu nehmen, wird sich diese DMO zukünftig in erster Linie um ihre Partner vor Ort kümmern, damit deren Angebot tatsächlich den Ansprüchen der definierten Zielgruppen entspricht. Und damit das Angebot von der Persona in den gewünschten Kanälen und auf die gewünschte Art und Weise auch tatsächlich gefunden wird.

Denn: Ein Marketingbudget zielgerichtet und effektiv auszugeben, um die geeignete Zielgruppe für die eigene Region zu interessieren, dann aber bereits bei der anschließenden Informationssuche oder auch später beim Besuch vor Ort die geweckten Erwartungen nicht erfüllen zu können, ist letztlich rausgeschmissenes Geld. Und schadet nur. Allen Beteiligten.

Deshalb: Besser einen Schritt zurück. Und einmal ganz tief in die eigene Zielgruppe eintauchen. Mit Hilfe von Persona und Customer Journey.

* Disclaimer: In dem Prozess der Österreich Werbung hingen meine Kollegen von Tourismuszukunft drin, bei Rheinland-Pfalz ich selbst.

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