Blogs von touristischen Organisationen sollen – wie alle anderen Blogs auch – aktuell und interessant sein. Stellt sich die Frage, wer bloggt hier eigentlich?
Ich habe für euch eine Übersicht der verschiedenen Möglichkeiten erstellt. Inklusive natürlich der entsprechenden Vorteile und Herausforderungen (Probleme gibt es schließlich nicht, wie wir alle wissen). Dabei geht es rein um touristische Blogs für Konsumenten, also nicht um Corporate oder B2B-Blogs, denn bei letzteren ist deutlich: da müssen die Mitarbeiter der Organisation selbst ran.
Ob der ein oder andere sich seinen eigenen Blogansatz hierauf basierend vielleicht noch einmal überlegt? Wer weiß.
Mitarbeiter
Oft ist dies in touristischen Organisationen bei Aufbau eines eigenen Blogs der erste Schritt: die Mitarbeiter selbst sollen bloggen. Schließlich kennen diese das Produkt bzw. die Region am besten. Und sie sind außerdem selbst in der Destination unterwegs und können für aktuelle Inhalte und Fotos sorgen.
In NTO’s (National Tourist Offices) können neben den Mitarbeitern in der Hauptverwaltung vor Ort auch Mitarbeiter der Außenbüros, also wohnhaft in anderen Ländern, zum bloggen herangezogen werden. Diese Mitarbeiter kennen ebenso die Destination, erleben sie jedoch mit etwas mehr Abstand und hierdurch mit anderen Augen.
Vorteile:
- Qualitativ sehr gutes und umfassendes Know How zur Destination.
- Große Vielfalt verschiedener Inhalte durch unterschiedliche Mitarbeiter, also Blogger.
- Aktuelle Beiträge, da selbst in der Destination unterwegs.
- Für Kontinuität ist gesorgt.
Herausforderung:
- Die Beiträge können schnell sehr marketinglastig werden und damit weniger authentisch wirken.
- Das Blog wird oft als zusätzlicher Arbeitsauftrag nach der eigentlichen Arbeit angesehen, bekommt also eine geringere Priorität als andere Aufgaben.
Partner der Region
Ein Land besteht aus vielen einzelnen Regionen, ein Ort besteht aus vielen Leistungsträgern. Auch diese können jeweils als Gastautoren genutzt werden. Vor allem wenn die Regionen oder Leistungsträger über kein eigenes Blog verfügen, kann ein gemeinsames Multi-Autoren-Blog Vorteile bringen.
Vorteile:
- Komplett wie bei den Mitarbeitern.
- Außerdem: Verteilung auf mehr „Schultern“. Falls einer der Autoren gerade keine Zeit hat, fällt dies somit weniger auf.
- Zusätzliche Nutzung der Social Media Kanäle der Partner zur Bewerbung.
Herausforderung:
- Eine Qualitätskontrolle ist notwendig, damit nicht beispielsweise ein Hotel nur seine verschiedenen Angebote einstellt.
- Jedoch gilt auch hier: Die Beiträge können schnell sehr marketinglastig werden und damit weniger authentisch werden.
- Beim Aufsetzen einer solchen Struktur ist es vor allem wichtig, einen durchgängigen Ablauf zu gewährleisten. Nicht dass in den ersten beiden Monaten alle hellauf begeistert sind – und danach nichts mehr passiert.
Einwohner
Einwohner sind – ähnlich wie die Mitarbeiter der touristischen Organisation sowie die Mitarbeiter der verschiedenen touristischen Leistungsträger – tagtäglich in der Destination vor Ort. Sie können somit direkte und unverfälschte Eindrücke liefern. Und dabei sind sie noch nicht in der Marketingdenke gefangen – was ein Vorteil, aber auch ein Nachteil sein kann.
Vorteile:
- Auch hier stehen ein gutes und umfassendes Know How zur Destination zentral, wobei die jeweiligen Einwohner über zusätzliches Insider-Wissen zu ihren eigenen Wohnvierteln verfügen.
- Große Vielfalt verschiedener Inhalte durch unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Interessen und Hintergründen.
- Zu beachten ist, dass Einwohner oft eine andere – nichtdestrotrotz ebenso interessante – Sichtweise auf die Region oder den Ort haben als Urlauber.
- Eigene Blogs liegen zumeist nicht vor, sodass das touristische Blog ein Podium für diese Menschen sein kann.
Herausforderung:
- Eine Qualitätskontrolle ist unbedingt notwendig, denn was bei den Marketingmenschen zu viel Marketing sein kann, ist bei den Einwohnern eventuell zu wenig Marketing (Stichwort SEO, Orthographie, …).
- Wo bekomme ich die bloggenden Einwohner her? Vor allem das Anstoßen einer solchen Aktion ist eine große Herausforderung.
Reiseblogger
Reiseblogger stehen zwischen den Mitarbeitern der touristischen Region mit deren starken marketinglastigen Anspruch und den Einwohnern, bei welchen die „Schreibe“ ein Problem darstellen kann. Nicht jeder Blogger ist natürlich gleich, davon ausgehend, dass diese allerdings schon länger bloggen und sich mit Online-Marketing und redaktionellem Schreiben auseinandergesetzt haben, gilt folgendes:
Vorteile:
- Kenntnisse des Online-Marketings bzgl. Suchmaschinenoptimierung.
- Subjektive Eindrücke statt „Marketing-Sprech“.
- Die Destination wird neu und unverfälscht entdeckt – im Gegensatz zu allen obengenannten.
- Zusätzliche Nutzung der Social Media Kanäle des Reisebloggers zur Bewerbung.
Herausforderung:
- Die eigene Destination ins Bewusstsein des Reisebloggers bringen und diesen zum Besuch oder – idealerweise – einer längerfristigen Zusammenarbeit zu bewegen.
- Außerdem ein Thema: die Konkurrenz des touristischen Blogs zum Blog des Reisebloggers, denn natürlich möchte letzterer auch für eigenen Content sorgen.
Fazit
Jede Form hat ihre Vorteile, aber auch ihre Herausforderungen.
So sorgen…
- … bloggende Mitarbeiter für eine konsequente Umsetzung der eigenen Marketingstrategie.
- … bloggende Partner in der Region für einen breitgefächerten Blick auf die Destination.
- … Einwohner für typischen Lokalkolorit.
- … Reiseblogger für den Blick von außen und kommen hierdurch dem Erlebnis eines Touristen am nächsten.
Letztlich liegt die Entscheidung für eine eigene Version darin begründet, …
- … welche Inhalte und Stoßrichtung man generell für sein Blog wünscht,
- … wie die Zusammenarbeit mit Partnern in der Region gestaltet ist,
- … welche personellen und finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden können.
Aus den o.g. angesprochenen Partner könnte eine tolle Partnerschaft entstehen, wenn man alle ins Boot holt und zusammen arbeitet. Eine Kennenlernen, Meeting, Einarbeitung in Blog … und flupp die ultimative offene von vielen Seiten offene Reiseberichterstattung könnte starten.
Genau, Dani, eine Kombination aus allen Möglichkeiten bietet jede Menge unterschiedlicher Ansätze und Blickwinkel und wäre das ultimative Wünsch-dir-was!
Ich glaube die eigenen Mitarbeiter einen Blog schreiben zu lassen ist eher schwierig, eben aus den Gründen „Zusatzaufgabe mit wenig Prio“ und „zu Marketing lastig“.
Interessant fände ich Gastartikel von Bürgern / Einheimischen, aber dazu muss man erst einmal jemanden finden und meist sind Gastartikel aus Gründen wie SEO und Nacharbeiten noch aufwändiger als selbst geschriebene Posts.
Reiseblogger sind eine gute Wahl. Hier würde ich mir eine engere Zusammenarbeit wünschen. Sei es, dass Reiseblogger für den Blog des Tourismusunternehmens schreiben oder auf dem eigenen Blog. Gerade aber wenn RB Artikel im eigenen Blog veröffentlichen, sollten Touristiker diese in ihrem Corporate Blog anteasern.
Hallo Christine,
ich komme vom Print und habe gerade Deinen Beitrag „Wer schreibt ..“ gelesen. Dass Du die Player und ihr Potential listest, ist zwar nützlich, aber nur der Anfang. Am Ende muss es darum gehen, den DMOs (Destination Marketing Organizations, Fremdenverkehrsämter) zu erklären, warum sie lieber einen professionellen Blogger einstellen sollten, als ihre Angestellten zum Bloggen zu verdonnern. Auch bloggende Einwohner und Touristiker (Hoteliers, Restaurateure etc. ) sind unsere Konkurrenten – und obendrein Geschäftsleute, die zunächst für ihr eigenes Unternehmen bloggen und immer „Was springt für mich dabei heraus“ denken.
Erlaube mir deshalb, vor allem zwei Punkte zuzuspitzen.
1. Bloggende DMO-Mitarbeiter werden von Billigheimer-DMOs eingesetzt. Ob sie Kenner der Region sind, ist nicht gesagt. Viele schieben Dienst nach Vorschrift und sind nicht mit Herzblut beim Bloggen. Viele können nicht schreiben, nicht fotografieren, keine Videos produzieren. Viele haben dazu auch schlicht keine Zeit. Unser Job muss es sein, dies den DMOs klarzumachen. Es muss auch unser Job sein, die Vorteile von professionell recherchiertem Content zu erklären, damit wir nicht immer wieder hören, wir multiplizierten einfach nur Markennamen. IOch habe die Erfahrung gemacht, dass man DMOs erziehen kann und am Ende für diese sogar spannende, objektive Reportagen schreibt, in denen allerhöchstens der Name ihrer Region vorkommt.
2. Gastautoren: Je mehr Gastautoren, desto komplizierter wird es. Und langwieriger. Den wer nicht bezahlt wird, nimmt den Job nicht ernst und setzt andere Prioritäten. Und wer soll die koordinieren? Der professionelle Blogger?
Blogger sollten insgesamt agressiver für sich werben, wenn sie irgendwann mal Geld verdienen wollen. Das setzt allerdings voraus, dass sie zunächst lernen müssen, wie die Tourismusbranche funktioniert, wie die Interessen gelagert sind, wie die Honorare in der Medienlandschaft sind bzw, was Multimedia-Agenturen so verlangen, und vor allem: Sie müssen innovationsbereite DMOs lokalisieren.
Vielleicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Ich hoffe es sehr .. :) Viele Grüße aus Kanada und weiter frohes Schaffen, Ole
@Christina: Das Anteasern von Blogger-Artikeln über die eigenen Kanäle empfinde ich auch als ganz wichtig für die Regionen. Neuer & interessanter Content für ihre Leser, ohne eigenen Aufwand – besser können sie es eigentlich nicht haben.
@Ole: danke dir für deinen umfangreichen Kommentar!
Wenn Mitarbeiter zum Schreiben „verdonnert“ werden, gehe ich absolut mit dir mit, dass dies wenig bringt. Auf der anderen Seite bin ich persönlich ein Befürworter des „internen Bloggens“ – ergänzend (!) zu externen Bloggern. Mitarbeiter sind das gesamte Jahr über „da“ und wenn sie nicht ihre zu vermarktende Region kennen, läuft etwas prinzipiell falsch. Gerade das deutlich machen, dass da *Menschen* hinter der Organisation stehen, gefällt mir hierbei.
Du schreibst „Einwohner und Touristiker sind unsere Konkurrenten“. Aus Bloggersicht mag das zutreffen, aus Touristikersicht sind sie wichtige Partner in der Kommunikation nach außen. Hat man diese nicht mit im Boot, kann man sich – überspitzt gesagt – seine gesamten Marketinggelder sparen. Wenn ein Restaurateur vom letzten Kochworkshop berichtet oder davon, wie er sich zur Eröffnung der Spargelsaison seinen Spargel beim Bauern nebenan holt – natürlich promotet er damit sein eigenes Produkt. Nichtsdestotrotz kann das ebenso interessant und unterhaltsam präsentiert werden.
Aus Sicht eines Reisebloggers ist deine Meinung absolut nachvollziehbar. Machen wir uns hierbei allerdings nichts vor: auch Blogger können nicht unbedingt alle schreiben und fotografieren.
Liebe Grüße nach Kanada! Kristine
PS Tolle Seite hast du da übrigens!
Hallo Kristine,
vielen Dank für Deine schnelle Rückmeldung und die Kudos!
Stimmt alles, was Du schreibst – in einer idealen Welt. Ich sehe das alles natürlich aus der Sicht des Bloggers/Journalisten/VJs. Und da suchen wir natürlich immer nach neuen Wegen, um unsere chronisch bedrohte Existenz zu sichern. Was ich angesichts der Sintflut auf touristischen Webseiten bloggender Mitarbeiter und Einwohner befürchte, ist, dass ohne einen versierten, journalistisch arbeitenden Blogger, der die Beiträge sichtet, siebt und postet, der eigentliche Auftrag der Seite XY verwässert. Professionelle Blogger also als „Kapitäne“, die das Schiff um alle Klippen sicher in den Hafen lenken. Sozusagen. Und mit entsprechender Heuer, selbstverständlich.
Lieben Gruß aus Kanada, Ole