Was machen Reiseblogger mit ihrem Essen? Es fotografieren!
Aber darfst du das überhaupt? Ich habe hierzu Karin Krubeck gefragt. Die muss es nämlich wissen, denn Karin ist die Frau hinter dem Blog BonngehtEssen.de. Und was sie da macht, ist
1. in Bonn essen gehen,
2. dieses Essen fotografieren und
3. auf ihrem Blog darüber schreiben.
Essen fotografieren ist also ein Hauptbestandteil ihres Blogs und deshalb hat sie sich vorab von einem Anwalt beraten lassen. Und gibt heute auch dir ein paar Tipps zum Thema Essen und Fotografie.
Interview mit Karin vom Blog Bonngehtessen.de
Liebe Karin, wenn Reiseblogger zusammen essen gehen, wird das Essen meist kalt, weil jeder erst einmal jedes Gericht fotografiert (ich übertreibe leicht, aber so ähnlich ist es tatsächlich…). Dürfen die das überhaupt?
Meine Freunde werden ebenfalls gewarnt, dass sie tolerieren müssen, dass ich jedes Essen fotografiere. Nicht, weil ich mit meinem Smartphone so einzigartige Fotos mache, sondern weil es heutzutage dazugehört, wenn man über ein Restaurant redet, auch ein paar Ansichten der Speisen geben zu können für einen ersten Eindruck.
Fotografieren darfst du, grob gesagt, alles.
Aber veröffentlichen darfst du nicht alles.Bevor ich mein Portal mit Gastrokritiken online gab, habe ich mir extra eine Rechtsberatung geleistet, um zu verstehen, was die Gesetze für einen Rahmen vorgeben und welche Strafen ich riskiere.
Dabei habe ich dann gelernt, dass der Betreiber einer Gaststätte ein Hausrecht hat. Dieses Hausrecht führt dazu, dass ich ungefragt keine Fotos aus der Wohnung (in dem Fall Gaststätte) online stellen darf.
Jemand, der in meine Wohnung kommt, darf auch Fotos machen, möchte er diese veröffentlichen, muss er mich vorher fragen. Das ist also im Restaurant nicht anders. Oft wird davon geredet, dass die „Kreation“ des Kochs geschützt werden soll und man es deshalb nicht darf. Das ist, wenn wir nicht von der Spitzengastronomie reden, Blödsinn. Es ist einfach nur das Hausrecht, welches hier zieht.
Macht es einen Unterschied, ob ich die gemachten Fotos über Netzwerke wie Facebook oder Instagram teile oder in meinen privaten Blog einbinde?
Nein. Veröffentlichung ist Veröffentlichung. Ob es print oder online ist, ist egal. Auch die Menge der LeserInnen ist dabei egal. Und ob es privat oder kommerziell ist, ist ebenfalls egal. Ich vermute, dass es da bei der Strafe dann eher einen Unterschied macht ;-)
Wie ist das mit Plattformen wie Foursquare oder Yelp? Darf ich für diese Fotos machen?
Natürlich darfst du das. ABER, du musst geklärt haben mit dem Betreiber des Restaurants, dass du die Fotos aus seinem Restaurant online stellen darfst. Plattformen wie Yelp sagen explizit, dass du Eigentümer der Inhalte bist und rechtlich verantwortlich bist für die Nutzung.
Anders ausgedrückt: ich behaupte mal, dass die meisten Menschen nicht im Restaurant fragen, ob sie die Fotos online stellen dürfen und Plattformen wie Yelp und 4square leben natürlich davon.
Meinem Rechtsanwalt ist übrigens nicht bekannt, dass es in Deutschland einen Fall gibt, wo ein Restaurantbesitzer klagte. Aber irgendwann ist immer das erste Mal.
Muss ich vor einer Veröffentlichung in meinem Blog das Restaurant darüber informieren und diesem meinen Beitrag zur Abnahme vorlegen?
Zur Abnahme musst du nix vorlegen. Du kannst schreiben, was du willst, solange es die Wahrheit ist und du die Wahrheit belegen kannst. Ansonsten musst du Annahmen machen oder Ausdrücke wie „ich finde“ und „Meiner Meinung nach“ etc. benutzen.
Wenn ich also schreibe, dass es „in XY nur Tomatenpampe gibt“, dann ist das u.U. geschäftsschädigend. Wenn du schreibst, dass „DEINER Meinung nach die Tomatensauce noch Potential nach oben hat und besser abgeschmeckt werden sollte“, dann ist das deine persönliche Meinung, die du natürlich haben darfst.
Die Fotos zum Text darfst du aber nur mit Genehmigung veröffentlichen. „Genehmigung“ ist dabei weit gefasst. Ich selber frage beim Service nach und der meistens beim Betreiber und dann heißt es „Natürlich dürfen Sie das.“ Sicher ist es jedoch nur, wenn man es sich schriftlich bestätigen lässt. Für „nur“ ein Foto ist das natürlich ein riesiger Aufwand für ’ne Pizza oder einen Latte Macchiato.
Du hast bereits sehr viele Restaurants besucht und fotografiert und damit auch jede Menge Erfahrungen, wie die Restaurantchefs hiermit umgehen. Was empfiehlst du anderen Bloggern generell, die Restaurantkritiken veröffentlichen wollen?
Aktuell geben einem die meisten Betreiber die Erlaubnis, die Fotos online zu stellen.
Aber mein Gefühl sagt mir, dass das in den meisten Fällen nur passiert, weil die Besitzer vollkommen überfordert sind von diesem Internet.
Ich war letzthin in einem schönen In-Café und die Besitzerin setzte sich, als es leerer wurde, zu mir und klagte: „Ich bin überfordert mit diesem Internet. Da sind Blogger und ich weiß gar nicht, was die machen und noch weniger, was die schreiben und grübele manchmal, ob die das denn einfach dürfen.“
Für mich war das ein kleiner Hilferuf, den ich mir nun auch zu Herzen nehme.
Ich will Betreiber nicht überrumpeln. Ich nehme mir nun lieber beim Verlassen Zeit um zu erklären, was ein Blogger ist. Was ist mein Portal. Ich habe auch eine Mappe (print) mit, um zu zeigen, wie ein Artikel aussehen kann. Und ich habe endlich Visitenkarten drucken lassen, damit die Betreiber danach noch mal in Ruhe schauen können auf der Homepage. Ich kläre sie auch darüber auf, dass sie das nicht erlauben müssen.
Um das Verhältnis auch für die Zukunft positiv zu gestalten, müssen wir uns gemeinsam den Raum geben, die Fragen zu stellen, die da sind. Wir Blogger halten uns und das Internet für so selbstverständlich. Außerhalb meiner Filterbubble ist es das aber nicht.
Wer Restaurantkritiken veröffentlicht, befindet sich auf einem sehr sensiblen Terrain, denn eine Kritik kann schnell Besuchereinbrüche herbeiführen und rufschädigend wirken etc. Man sollte sich sehr genau überlegen, wie man Kritiken gestaltet und wer die eigene Zielgruppe ist und was die eigenen Maßstäbe sind anhand derer man bewertet und was man erreichen will mit der Kritik.
Das macht es transparent und für mich ist Transparenz essentiell für ein neues Gesellschaftsmodell, in dem wir alle mehr mitbestimmen wollen.
Aber in jedem Fall: haltet euch an die (noch) bestehenden Gesetze und fragt die Gastronomen um Erlaubnis für die Fotos. Überrumpelt sie nicht und gebt ihnen die Chance eure Beiträge zu lesen.
Eigentlich ist es hier wie überall: miteinander reden hilft :-)
Was ist dein schönstes – oder auch dein schrecklichstes – Erlebnis zum Thema „Essen fotografieren“?
Das Schrecklichste war, dass ich erst zuhause auf einem Foto sah, dass in der Pasta ein kleiner Mehlwurm gewesen war.
Das Schönste war ein Betreiber, der meinte, dass das doch so alles nicht hübsch wird und dann anfing, auf dem Tisch noch Schnickschnack aufzustellen und an Pfeffer- und Salzstreuern rumzuschieben ;-)
Vielen Dank, Karin, für diese Tipps und viel Spaß beim weiteren Essen gehen in Bonn. Ich komme gerne mal wieder mit. :)
Ich nehm dich auch gerne wieder mit.
Mehr zu Karin und ihrem Blog Bonngehtessen.de
Wenn du in Bonn essen gehen möchtest, dann sei dir Karins Blog Bonn geht essen empfohlen. Zum einen aufgrund ihres persönlichen und unbestechlichen Blicks auf die Restaurants und das dortige Essen. Zum anderen aufgrund der großartigen Datenbankfunktion ihres Blogs, die eben auch „Oma-/Opakompatibel“ oder „Tolles WC“ (aktuell nur zwei Restaurants…) kennt. Das wichtigste Selektionskriterium für dich als Blogger ist hier aber vermutlich sowieso „Wlan“.
Aktuelles von Karin aka BonngehtEssen findest du auch auf Facebook, Twitter, Google+ und in ihrem privaten Instagramaccount.
Bitte beachte: dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und kann eine umfangreiche rechtliche Beratung nicht ersetzen. Gerade, wenn das Thema Essen einen wesentlichen Aspekt deines Blogs ausmacht, solltest du hierzu fachlichen Rat einholen.
