Journalisten & Blogger: Einblicke in die Pressearbeit bei Atout France

Bloggerrelations: Pressearbeit bei Atout France

Im Rahmen einer nichtrepräsentativen Umfrage zur ITB Berlin wurde folgende Aussage getroffen:

Das Verhältnis von Journalisten und Bloggern zueinander empfinden 50,3 Prozent als neutral und unabhängig, 11,4 Prozent als freundschaftlich und kooperativ. 16,2 Prozent der befragten Teilnehmer sehen jedoch einen angespannten Wettbewerb zwischen den beiden Berufsgruppen.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen der Presseabteilung einer Tourismuszentrale und den Journalisten sowie Bloggern? Ich habe Monika Fritsch hierzu befragt, ihres Zeichens Mitarbeiterin der Presseabteilung von Atout France in Deutschland und dort ebenso verantwortlich für den Bereich Blogger Relations.

 

Atout France, die Französische Zentrale für Tourismus, lädt jedes Jahr Journalisten zur Medientournee ein. Mittlerweile auch Blogger, was ich so gut finde, dass diese Veranstaltung einmal mein Link der Woche bei Immer wieder TZonntags im Tourismuszukunft-Blog wurde. Wie sind Monikas Erfahrungen in der Zusammenarbeit?

 

Liebe Monika, seit wann arbeitet ihr in der Pressestelle von Atout France aktiv mit Bloggern zusammen und wie sieht diese Zusammenarbeit aus?

Anfang 2012 ist die erste Bloggerin auf eine unserer Veranstaltungen aufmerksam geworden – Heike von Kölnformat. Sie hat über unsere Medientournee geschrieben, was wiederum im Folgejahr weitere Blogger angezogen und den Stein quasi ins Rollen gebracht hat.

Wir haben dann zunächst Bloggerprojekte punktuell unterstützt, bevor 2013 die Region Rhône-Alpes die erste reine Blogger-Gruppenreise angeboten hat. Mittlerweile können wir Blogger auf allen unseren Veranstaltungen begrüßen, und in Köln zum Beispiel stellen Blogger mittlerweile rund ein Drittel der Teilnehmer bei unserer Medientournee.

Wir haben auch schon gemischte Gruppen auf Pressereisen geschickt, was gut geklappt hat. Vorwiegend unterstützen wir jedoch individuelle Bloggerprojekte, höchstens kleine Gruppen von drei oder vier Personen, weil wir wenig Sinn darin sehen, überall sehr ähnliche Berichte und Bilder zu sehen.

Abgesehen davon, nutze ich natürlich gerne Gelegenheiten, Blogger auch offline zu treffen – etwa bei den Reisebloggertreffen in Köln, dem Speed Dating auf der ITB oder auch dem CMT Bloggertreffen.

Bloggerrelations heißt auch :Nicht immer ausgetretene Wege gehen (Treppe in Sarlat, Périgord)

Bloggerrelations heißt: Nicht immer ausgetretene Wege gehen (Treppe in Sarlat, Périgord)

 

Macht es für dich einen Unterschied, ob du im Rahmen deiner Pressearbeit mit Bloggern oder Journalisten zu tun hast?

Für mich macht es im Prinzip überhaupt keinen Unterschied, wobei mir der lockere Umgangston unter Bloggern sehr gut gefällt. Bei Bloggern muss ich jedoch zum Teil erklären, wer wir sind und wie wir arbeiten, um vor allem auch deutlich zu machen, dass wir anders als Reiseveranstalter keine fertigen Reiseprodukte aus dem Hut zaubern können. Aber dafür habe ich ein Dokument entworfen, das hoffentlich alle Fragen beantwortet.

 

Wie reagieren eure französischen Regionen darauf, dass ihr neben Journalisten jetzt auch mit Bloggern zusammenarbeitet?

So wie jeder Mensch, der sich mit etwas Neuem auseinandersetzen muss. Zunächst wurden die Blogger als ein weit entferntes Phänomen betrachtet, das mit der eigenen Arbeit wenig zu tun hat. Aber wir haben Partner, die sich auf das Abenteuer einlassen und die Chancen sehen! Wir haben sogar schon Reisen für Blogger in die ländlichen Regionen Frankreichs organisiert, wobei die erste Reaktion oft Verwunderung war, wie der Blogger auf solch ein abseitiges Thema kommt. Aber die Resultate kommen ja sehr schnell und sprechen dann für sich.

Um Berührungsängste abzubauen, haben wir eine „Gebrauchsanweisung für Blogger“ geschrieben, die neben einer Bestandsaufnahme der Bloggerszene in Deutschland auch eine Menge Linktipps enthält – Blogs, die mir gut gefallen, ebenso wie theoretische Aspekte. Vor Ort stellt sich dann eh heraus, dass Blogger Menschen wie du und ich sind, und das Eis ist schnell gebrochen.

Bloggerrelations  müssen wachsen & gedeihen (Jardin de Marqueyssac, Périgord)

Bloggerrelations heißt: Hegen und pflegen, wachsen & gedeihen (Jardin de Marqueyssac, Périgord)

 

Wie reagieren Journalisten darauf, wenn sie im Rahmen eurer Pressereisen oder eurer Medientournee auf Blogger treffen?

Bei unserer Medientournee waren das vor allem am Anfang zwei deutlich getrennte Gruppen, wobei die Journalisten die Blogger oftmals kritisch aus dem Augenwinkel beobachtet haben. Die Blogger waren meist schon durch ihr Alter und die Kamera gut zu erkennen.

Bei Pressereisen bereiten wir im Vorfeld alle vor, dass es sich um eine gemischte Gruppe handelt, und dass es evtl. sein kann, dass der Blogger sein Essen fotografiert. Viele Journalisten setzen sich jedoch mit dem Thema auseinander, und ich bin zum Beispiel schon öfters nach Linklisten meiner Lieblingsblogs gefragt worden. Relativ viele Journalisten betreiben ja mittlerweile auch einen eigenen Blog.

Wir haben jedoch leider auch einige Journalisten, die nicht mehr zu unseren Veranstaltungen kommen möchten, weil wir Blogger einladen. Sie sehen in der Anwesenheit von Bloggern eine Abwertung ihrer beruflichen Qualifikation. Und im Extremfall kommt es zu Verunglimpfungen der Blogger als Selbstdarsteller und „Jubelperser“…  Perfiderweise wird auch unsere Zustimmung zu dieser Einschätzung unterstellt, aber es ist natürlich unsere ganz bewusste Entscheidung, mit Bloggern zusammenzuarbeiten – in vollkommener Übereinstimmung mit unserer Zentrale in Paris.

Bloggerrelations: Der Weg kann auch mal etwas länger dauern

Bloggerrelations heißt: Sich das Thema und die Menschen dahinter erschließen (Belvès, Périgord)

 

Wie wünschst du dir den Umgang von Destinationen, Journalisten und Bloggern miteinander? Und wo seht ihr eure Rolle als Pressestelle der deutschen Vertretung von Atout France in diesem Kontext?

Ganz einfach: Respekt und Neugierde! Blogger sind nach meiner Einschätzung schließlich nicht die Ursache der Zeitungskrise, sondern eher ein Resultat. Wir beobachten ja seit Jahren die meist sinkenden Auflagenzahlen der Printpresse, gepaart mit der Tatsache, dass immer weniger junge Leute überhaupt Zeitung lesen. Wir als Destination müssen natürlich auch die jüngere Zielgruppe erreichen, und da sind Blogs eine tolle Möglichkeit, vor allem auch in der Verknüpfung von Text, Foto und Video.

Ich sehe unsere Rolle ein bisschen auch als Vermittler. Tolle Momente unserer zurückliegenden Medientournee waren die, wo Blogger und Journalisten unvoreingenommen ins Gespräch gekommen sind. Wo ich zu Journalisten sagen konnte: „Komm, ich stelle dir jetzt mal einen von diesen Bloggern vor!“ Und der Blogger dann die Gelegenheit hatte, seine Motivation zu erklären.

 

Letzte Frage: Warum reden wir eigentlich immer noch über Journalisten vs. Blogger – sind das tatsächlich zwei so komplett unterschiedliche Gruppen? Was meinst du?

Nein, das sind zwei Seiten einer Medaille. Beide verfolgen das gleiche Ziel – über Frankreich zu berichten -, und wir versuchen, sie dabei zu unterstützen. Warum wir noch darüber reden? Das weiß ich auch nicht.

 

Perfekter Schlusssatz. Vielen Dank, liebe Monika!

 

Interessant finde ich, dass der erste Anstoß, Blogger zur Medientournee einzuladen, von einer Bloggerin kam. Wenn dich also einmal jemand mit einer neuen Idee anspricht – einfach mal machen, es könnte sich auch langfristig auszahlen.

Außerdem muss ich an dieser Stelle noch ergänzen, dass Monika aufgrund ihrer Präsenz – sowohl im Social Web als auch auf den diversen Offline-Veranstaltungen – für Blogger eindeutig das Gesicht von Atout France Deutschland ist. Das macht es für Blogger letztlich deutlich einfacher, sie bei Fragen direkt anzusprechen. Wer ist bei dir im Unternehmen für das Thema Blogger Relations zuständig? Und ist der- bzw. diejenige auch tatsächlich präsent?

Das könnte dich auch interessieren:

Ich unterstütze touristische Unternehmen bei ihrer Strategie, v.a. in Bezug auf Stakeholder-Management, Zielgruppen und Produkt-Entwicklung. Auf diesem Blog schreibe ich darüber sowie über meine Herzensthemen Barcamps und das Bloggen an sich. Mehr gibt es bei „Über mich“. Du kannst mich übrigens auch buchen. Ich bin Beraterin und Netzwerkpartnerin bei Tourismuszukunft. Infos sowie Kontaktdaten: Kontakt.

9 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Diese „Gebrauchsanweisung für Blogger“, die neben einer Bestandsaufnahme der Bloggerszene in Deutschland auch eine Menge Linktipps enthält, würde ich ZU GERNE mal studieren… ;-)

  2. Hallo Kristine,
    vielen Dank für das interessante Interview! Die Bestandsaufnahme der deutschen Reiseblogger würde mich ja auch mal interessieren – aber es zeigt auch, dass man Blogger Relations nicht einfach so nebenbei betreiben kann. Ich finde persönlich, dass man schon einen Unterschied zwischen professionellen Journalisten, die ihren Text für ein Medium in neutralem / unabhängigem Tonfall verfassen wollen / sollen, und Bloggern, die locker aus ihrer eigenen Perspektive berichten, unterscheiden muss. Auch, wenn viele Journalisten – wie ich – auch selbst bloggen. Als Leser darf man die beiden Darstellungsformen ja auch nicht vermischen. Blogger und Journalisten selbst wiederum sind sich sicherlich in Motivation und Interessen oft sehr ähnlich – wenn nicht gleich eine Person.
    Viele Grüße,
    Marlene

  3. Lieber Eddy, liebe Marlene,
    die „Gebrauchsanweisung für Blogger“ ist ein französischsprachiges Dokument für die Partner vor Ort in Frankreich. Ob Atout France dieses hier veröffentlichen möchte, müssen diese entscheiden.
    Ich denke auch, dass die persönliche/subjektive Sicht der Blogger eine andere ist als die der – der Neutralität verpflichteten – Journalisten. Wie Monika so schön formulierte: Zwei Seiten einer Medaille. Auf jeden Fall können/sollten Unternehmen (und das nicht nur im touristischen Sektor) die Blogger nicht (mehr) ignorieren.
    Liebe Grüße, Kristine

  4. Es war und ist sehr spannend, mitverfolgen zu können, wie sich die Bloggerrelations bei Atout France und somit den einzelnen Regionen entwickeln und auch wie Atout France mit den vielen, vielen Anfragen, die sie erreichen müssen, umgeht. Vielen Dank für das Erwähnen und das Verlinken meines Artikels von damals und dir Kristine für das Aufgreifen des Themas.

    Ein Jahr später schrieb ich noch ein Update zur Medientournee:
    http://www.koeln-format.de/2013/02/22/blogger-willkommen-atout-france-auf-medientournee/

  5. Hallo Eddy und Marlene,
    die ´Gebrauchsanweisung´ ist tatsächlich ein internes Dokument, das wir nicht nach außen geben möchten. Eine Bestandsaufnahme der Bloggerszene ist auch sicherlich nicht so einfach möglich, zumal sich alles sehr schnell verändert. Ich habe, als ich das Dokument erstellt habe, Blogger um eine Einschätzung zu den Zahlen gebeten und auch eine Rundfrage gestartet, wie eine ideale Bloggerreise aussehen sollte und welche Erwartungen Blogger an uns haben. Ergänzt wird das Ganze durch einige Theorie (an dieser Stelle danke ich Kristine für den vielen Input!) und eine Liste mit Blogbeiträgen, die über die Jahre Frankreich zu Thema hatten – mit dem Versuch einer Kategorisierung. Das Dokument soll unseren Partnern helfen, Blogs bewerten zu können, und einen Zugang zum Thema ermöglichen. Version 3 ist in Arbeit…
    Viele Grüße aus Frankfurt,
    Monika

  6. Hallo Monika,
    das klingt nach einer Menge, aber wichtiger Arbeit. Ich finde es sehr spannend, Einblicke in eure Vorgehensweise zu erhalten, schließlich ist Blogger Relations ein sehr neues Phänomen und jede Einrichtung, die sich daran wagt, geht es anders an. Ist für euch die Reichweite der Blogger entscheidend oder sollen das die Partner selbst einschätzen?
    Viele Grüße,
    Marlene

  7. Hallo Marlene,

    sorry, dass es mit der Antwort jetzt so lange gedauert hat! Wir haben im Prinzip keine fixen Kriterien – dafür haben wir zu viele Regionen und Partner, die unterschiedlich vorgehen. Es gibt natürlich Regionen, für die die Reichweite entscheidend ist, es kann jedoch auch sein, dass der Blog eine Spezialisierung hat, die uns interessiert, oder ein Thema bearbeiten will, das für uns wichtig ist. Es gibt Destinationen, wo alle hin wollen, etwas Paris oder die Provence, und es gibt die tiefe Provinz – Regionen, deren Namen kaum bekannt sind. Wir sehen uns auf jeden Fall in der Position eines Beraters – wir lassen die Partner nicht mit den Entscheidungen alleine. Auch wenn es um die Beurteilung der Blogs geht, so ist das für uns als deutsche Muttersprachler natürlich einfacher als für Franzosen, selbst wenn diese Deutsch verstehen. Und ja, du hast Recht: es ist verdammt viel Arbeit, macht aber auch Spaß!

    Viele Grüße,
    Monika

  8. Pingback: Gedankenspiele-Lesetipps vom 23. März 2015 | GEDANKENSPIELE by Dominik Ruisinger

Schreibe einen Kommentar