Scrollytelling im Tourismus: Multimediale Reportagen erobern den Markt

Bloggen: Scrollytelling - multimediale Reportagen

Scrollytelling kombiniert „Scrollen“ mit „Storytelling“. Hier klickst du als Website-Besucher nicht mehr, um von einer Information zur nächsten zu kommen. Du scrollst. Und damit das Scrollen Spaß macht, werden Texte und Fotos mit Videos, Audios und Animationen verknüpft. Ideal, um Reiseberichte multimedial zu präsentieren. Emotional und spielerisch.

Startschuss für dieses Format: Snowfall der New York Times im Dezember 2012. Aktuell wird Scrollytelling in erster Linie für politische bzw. dokumentarische Reportagen eingesetzt. Doch auch im Tourismus tut sich einiges.

Neues Reisemagazin: The Travel Episodes

Letzte Woche frisch online gegangen: Ein Reisemagazin, welches komplett aus Scrollytelling-Reportagen besteht: The Travel Episodes. Hinter dem Projekt steht Johannes Klaus, der bereits mit seinen Reisedepeschen für lesenswerte Reisegeschichten sorgt.

The Travel Episodes: Welcome to Somalia

The Travel Episodes: Welcome to Somalia

Reisegeschichten stehen auch bei The Travel Episodes im Mittelpunkt. Im neuen Format werden die Blogbeiträge aus Texten und Fotos jedoch mit Videos, Animationen und Grafiken ergänzt. Und Gesang gibt es sogar noch obendrauf…

Der erste Beitrag, Welcome to Somalia, ist sehr umfangreich und fragt vom Leser entsprechend viel Zeit. Eine Unterteilung in einzelne Kapitel hilft dir jedoch, den Überblick zu behalten und nach einer Unterbrechung an der richtigen Stelle wieder einzutauchen. Der Bericht schlägt die Brücke zwischen politischen Hintergründen, persönlichen Anekdoten der Reise und Gesprächen mit Einwohnern und bietet damit einen guten Eindruck dieses Landes. Information und Unterhaltung in einem.

 

Scrollytelling anderswo im Tourismus

The Travel Episodes mag das erste Reisemagazin sein, welches sich komplett dieser neuen multimedialen Erzählform verschrieben hat. Doch es gibt auch anderswo bereits Scrollytelling-Beispiele im Tourismus, und zwar sehr unterschiedlicher Art. Schau mal hier:

  • Christian Dingler war im Juni 2014 drei Wochen in Vietnam und hat hierzu eine beeindruckende multimediale Reportage zusammengestellt. Diese bietet – wie bereits bei The Travel Episodes gesehen – die Möglichkeit, einzelne Kapitel auszuwählen. (Gefunden über einen Tweet von Carolin. Danke dir!)
  • Der WDR unterstützte die Entwicklung des Tools Pageflow und produzierte mit diesem bereits diverse Reportagen, unter anderem über das Festival Haldern Pop 2014 (mit ganz viel Musik) oder die – das muss hier natürlich mit rein, wenn auch nicht wirklich touristisch – re:publica 2014.
  • Tiere gehen immer und von so nah sowieso: Löwen in der Serengeti ist eine Scrollytelling-Geschichte vom National Geographic Magazine.

Aber Scrollytelling ist nicht nur Unterhaltung. Scrollytelling kann ebenso für den B2B-Bereich genutzt werden. Die Österreich Werbung präsentiert beispielsweise auf austriatourism.com/markenwerte ihre neuen Markenwerte im Langformat mit multimedialen Elementen:

Österreich Werbung: Markenwerte vorgestellt

Österreich Werbung: Markenwerte vorgestellt

Die Österreich Werbung hierzu:

„Eine neue Darstellung der Marke, die Markenwerte integriert, dynamisch und modern wirkt, wurde erarbeitet.“

 

Scrollytelling – worauf ist zu achten?

  • Zuerst einmal: Eine schlechte Geschichte wird durch aufwändige Technik vielleicht auf den ersten Blick besser, aber nicht auf den zweiten. Die Basis muss stimmen.
  • Die Zusammenstellung einer Scrollytelling-Reportage fragt deutlich mehr Zeit und Geld bei der Erstellung, als ein „normaler“ Text-Foto-Blogbeitrag. Auch wenn immer mehr Tools auf den Markt kommen, welche die Erstellung erleichtern, müssen dennoch die verschiedenen Zutaten (Texte, Fotos, Videos, Podcasts, Animationen…) erst einmal produziert werden.
  • Der Leser – Ist „Leser“ bei all den multimedialen Zutaten eigentlich noch das richtige Wort? – muss ebenso mehr Zeit investieren, um die gesamte Reportage zu erfassen. Bei einem kurzen „Drüberfliegen“ werden viele der gelieferten Informationen nicht wahrgenommen. Kapitel erleichtern den Überblick bei längeren Reportagen.
  • Der Leser braucht jedoch nicht nur mehr Zeit: Wo viel Multimedia drin steckt, ist eine gute Internetverbindung absolut notwendig. Eine Scrollytelling-Reportage, die ständig hakt, macht keinen Spaß.
  • Scrollytelling zeigt, wie multimediale Inhalte gut miteinander verknüpft werden. Erkenntnisse hieraus können auch für „normale“ Websites genutzt werden.
  • Ansonsten gilt, wie wohl überall: Einfach mal ausprobieren.

 

Scrollytelling – und sonst so?

  • Einstieg ins Thema: Die t3n widmete sich dem Thema Scrollytelling vor ziemlich genau einem Jahr, im Dezember 2013.
  • Die Tools: Matthias Eberl veröffentlichte Anfang August 2014 einen Scrollytelling-Tool-Test. Er baute eine eigene Reportage mit verschiedenen Scrollytelling-Tools nach und zog jeweils ein Resümee zu diesen.
  • Multimedial anders: Beispiele multimedialer Storys (nicht nur in Bezug auf Scrollytelling) finden sich auf Multimediales-Erzaehlen.de.
  • Multimedia anders II: „Radio zum Lesen, Sehen, Klicken“ nennt Sandra Müller ihre Anregungen für Radiomacher und zeigt, wie diese ihre Beiträge multimedial ins Netz bringen können.
  • Steller: Eine neue App, mit welcher man recht schnell kleine Foto-Text-Videogeschichten am Smartphone zusammenstellen kann. Daniela von Demipress hat dies schon mal ausprobiert.

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Ich unterstütze touristische Unternehmen bei ihrer Strategie, v.a. in Bezug auf Stakeholder-Management, Zielgruppen und Produkt-Entwicklung. Auf diesem Blog schreibe ich darüber sowie über meine Herzensthemen Barcamps und das Bloggen an sich. Mehr gibt es bei „Über mich“. Du kannst mich übrigens auch buchen. Ich bin Beraterin und Netzwerkpartnerin bei Tourismuszukunft. Infos sowie Kontaktdaten: Kontakt.

12 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Wieder mal ein super-spannender Artikel zu einem ebensolchen Thema! Danke wieder mal für die Mühe!! Aber ich ahne: scrollytelling macht richtig Arbeit…. nix für kleine nur-zum-Spaß-Blogs… ;-)

  2. Liebe Kristine eine super tolle Zusammenstellung und danke für die Nennung. Obwohl persönlich kein grosser Freund von Scrollytelling (da einiges dazu in mobilen Ansichten noch nicht rund läuft) zeigen diese ganzen Möglichkeiten auf was möglich ist. Genau da sehe ich den Vorteile, Fotografie + Video + Texte verschmelzen zu einem und können so selbst einiges bewegen.

    Grüsse sendet Daniela

  3. Johannes ist ein toller Geschichtenerzähler und unter den Reisebloggern einer von den grössten Abenteurern. Die Somaliland-Reportage lebt von ihrem einzigartigen Inhalt und nicht von irgendwelchen technischen Spielereien. Hätte er auf diese verzichtet, wäre der Lesegenuss sogar noch grösser gewesen.

  4. Pingback: „Wann soll ich die Tools nur alle ausprobieren?“ | Social Media im Tourismus

  5. Was den Zeitaufwand für eine Scrollytelling-Reportage anbetrifft, liebe Friederike, hast du definitiv recht. Aber vielleicht kann man sich ja als kleiner Nur-mal-zum-Spaß-Blog ein paar Ideen davon abgucken? Bei dem Somalia-Beitrag gefielen mir beispielsweise die Grafiken zu den geschichtlichen/politischen Hintergründen des Landes sehr. Die Seite multimediales-erzaehlen.de bringt einen auch auf ein paar schöne neue Gedanken…

    Gern geschehen, liebe Daniela :) Ich mag Scrollytelling persönlich auch lieber auf einem großen Bildschirm. Zum einen, weil es da besser läuft, zum anderen, weil ich da auch wirklich alles sehe.

    Dass Johannes ein großartiger Geschichtenerzähler ist – das steht definitiv außer Frage, lieber Oli. Ob die Somaliland-Geschichte durch die technischen Spielereien lesenswerter oder weniger lesenswert geworden ist, hängt dabei aber wohl vom jeweiligen Leser/ Zuschauer ab.

  6. Pingback: Gedankenspiele-Lesetipps vom 26.11.2014 | GEDANKENSPIELE by Dominik Ruisinger

  7. Ich finde scrollytelling nicht schlecht – kann man beeindruckend für Kunden nutzen, finde ich :-)
    Kristine, weißt Du, welches Tool bei Reisedepeschen verwendet wurde?
    Lieben Gruß aus dem Weinviertel
    Angelika

  8. Pingback: Scrollytelling: Warum gerade jetzt? (inkl. Radio-Interview bei WDR5) | Social Media im Tourismus · Kristine Honig

  9. Pingback: Kultur & Blog: Vorstellung konkreter Aktionen | Social Media im Tourismus

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