Ein Plädoyer für den Full Feed

Bloggen: Plädoyer für den Full Feed

Ich weiß ja nicht, wie ihr eure abonnierten Blogs so lest. Ich vermute aber mal – auch anhand der Reaktionen zum Abschalten des Google Readers – , dass ihr fast alle RSS-Feeds nutzt, um Blogs zu lesen.

RSS-Feeds sind toll: interessante Blogs abonnieren, diese laufen in eurem RSS-Reader auf (Bis zum 30.6. vielleicht Google Reader, danach Feedly & Co) und ihr könnt alle neuen Beiträge eurer Lieblingsblogs hintereinanderweg lesen, ohne euch durch all die diversen Websites klicken zu müssen.

Ich lese beispielsweise viel im Zug. Früh zu Hause rufe ich über WLAN alle aktuellen Blogbeiträge auf dem iPad ab und lese diese dann – offline – im Zug.

Soviel zur Theorie.

In der Praxis kämpfe ich gegen Partial Feeds, also gekürzte Feeds an. Deshalb heute mein Plädoyer für den ungekürzten, den Full Feed.

Warum gekürzte Feeds mich nerven

Der gekürzte Feed begegnet mir leider bei ziemlich vielen Blogs. Gekürzter Feed heißt konkret:

  • Ich bekomme im RSS-Reader die Headline zu lesen.
  • Ich bekomme im RSS-Reader den ersten Absatz bzw. die ersten paar Sätze zu lesen.
  • Um den gesamten Blogbeitrag angezeigt zu bekommen, muss ich auf die entsprechende Website weiterklicken.

Im Zug ohne WLAN ist das Weiterklicken für mich nicht möglich. Das bedeutet: ich lese den ersten Absatz und entscheide dann, ob ich den Beitrag markiere, um ihn mir später zu hause noch einmal komplett anzuschauen. Oder eben auch nicht. Die Frage ist dabei, ob die ersten Zeilen des Blogposts mich so umhauen, dass ich mir diesen tatsächlich später noch einmal anschaue. Oft sind die ersten Zeilen eines Blogbeitrags ja eher ein Warmwerden mit dem Thema (wie auch hier) und zeigen noch nicht die gesamte Richtung des Beitrags an.

Unabhängig von meiner persönlichen Situation (Zug ohne WLAN & iPad ohne Internet) – ein Blog mit partial Feed nervt prinzipiell. Denn auch, wenn ich alles Internet dieser Welt zur Verfügung habe, muss ich noch auf das Blog selbst klicken, um alles lesen zu können. Extra Klick = extra „Arbeit“.

(Einschub: ja, es gibt Apps, welche gekürzte Feeds komplett laden. Diese sind hier jedoch heute nicht das Thema. Denn wieso einfach, wenn es auch kompliziert geht?)

Kurz: ein gekürzter Feed sorgt unterm Strich für weniger Leser.

 

Warum werden überhaupt gekürzte Feeds genutzt?

Das ist die zentrale Frage. Als ich mit Bloggen anfing, hatte ich auch einen solchen. Hintergrundgedanke damals: ich möchte, dass die Leser auf mein Blog kommen.

Falsch.

Denkfehler. Denn ich möchte nicht, dass Leser auf mein Blog kommen. Ich möchte, dass Leser meine Blogbeiträge lesen.

Letztlich ist es mir egal, wie ihr mein Blog lest. Ob über RSS, auf dem Blog selbst, über GetPocked oder weiß der Geier. Hauptsache, ihr lest!

Eine andere Überlegung für Blogger, auf gekürzte Feeds zu setzen, ist der Urheberrechtsgedanke: über RSS könnt nicht nur ihr interessante Blogs abonnieren, sondern ebenso clevere Siteanbieter euren Feed auf ihrer Website integrieren – wodurch sie direkt perfekten Content haben. Klar, fände ich auch nicht toll, wenn sich andere mit fremden Federn schmücken. Andererseits – siehe oben: Ich möchte, dass Leser meine Blogbeiträge lesen. Heißt: letztlich geht es hier weniger um das Integrieren der Beiträge. Es geht vielmehr darum, ein Copyright zu integrieren, um zu zeigen, dass ICH den Beitrag geschrieben habe. Hierfür gibt es diverse Plugins, die einen solchen Hinweis im Feed integrieren (Dieser Beitrag erschien erstmalig auf Blogseite XY).

Kurz: ein gekürzter Feed sorgt unterm Strich für weniger Leser.

 

Aber die Feedleser zählen doch nicht mit in die Statistik…

Ja, das stimmt, reine Feed-Leser laufen nicht in die Web-Statistik eures Blogs ein. Allerdings weiß ich, dass aktuell immerhin 55 Leute über RSS meinen Blog abonniert haben. Das sind jetzt nicht hunderttausende. Dennoch freue ich mich über diese 55. Denn das sind Menschen, die offensichtlich nicht verpassen wollen, was ich hier zu sagen habe. (Danke an euch!)

Vielleicht fliege ich bei einigen durch den Übergang von Google Reader woanders hin auch aus der Aboliste raus. Aber auch das ist okay. Denn – siehe oben – ich möchte, dass Leser meine Blogbeiträge lesen. Wenn ich nur eine Karteileiche bin, kann ich auch aus der Kartei gelöscht werden.

Kurz: Statistik ist ein Mittel zum Zweck, nicht der Zweck an sich.

 

Vorteile des Full Feed

Nachdem ich über die Nachteile des Partial Feeds geschimpft habe, ergeben sich logischerweise die Vorteile des Full Feed:

  • Online kann ich Beiträge direkt ohne einen extra Klick lesen.
  • Offline kann ich alle Beiträge lesen.
  • Und selbst wenn der erste Absatz mich nicht umhaut, überfliege ich dennoch den Rest.

Kurz: mit einem Full Feed habt ihr letztlich mehr Leser für eure Beiträge. Und das wollen wir doch alle, oder?

 

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Ich unterstütze touristische Unternehmen bei ihrer Strategie, v.a. in Bezug auf Stakeholder-Management, Zielgruppen und Produkt-Entwicklung. Auf diesem Blog schreibe ich darüber sowie über meine Herzensthemen Barcamps und das Bloggen an sich. Mehr gibt es bei „Über mich“. Du kannst mich übrigens auch buchen. Ich bin Beraterin und Netzwerkpartnerin bei Tourismuszukunft. Infos sowie Kontaktdaten: Kontakt.

23 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Vielen Dank für dieses Statement; mich nerven die gekürzten Feeds auch.

    In meinem Blog habe ich kurzzeitig auf verkürzte Feeds umgestellt, aber schnell wieder umgeschaltet, nachdem sich bei den Lesern Unmut geregt hat.

    Weil mir die Leser wichtiger als die Klickzahlen sind, war das einfach nötig :-)

  2. Mir geht es genauso. Obwohl ich die Feeds meist zuhause lese und einfach reinklicken könnte, mache ich das häufig nicht. Da muß mich der Anfang schon richtig locken oder es ist ein Blog, den ich unbedingt lesen möchte. Aber dann nervt es trotzdem.
    Schade ist aber, dass man bei im Feed Reader nicht kommentieren kann. Aber gut, dann klicke ich halt doch rein ;-)

    LG Simone

  3. Vollkommen richtig, dem ist kaum etwas hinzu zu fügen!

    Dieser ganze Statistik-Wahn, der wohl Grund für gekürzte Feeds sein wird, ist wirklich nur Mittel zum Zweck. Gute Blogs sollten nicht ihre Besucherzahlen in den Fokus stellen, sondern ihre Abonnenten und nicht für Google schreiben – denn das ist das Optimieren auf kurze Feeds letztendlich – sondern für ihre Leser.

  4. Guter Artikel! Ich habe darüber noch gar nicht so intensiv nachgedacht.
    Bei mir gibt’s nur deshalb den Full Feed, weil mir das Theme den gekürzten Feed aus irgendwelchen Gründen zerschießt.
    Aber nach der Lektüre dieses Artikels würde ich das wohl auch nicht mehr ändern wollen.

  5. Toller Artikel, erinnert mich dran, das ich das bei meinen Blogs noch abändern muss. Du hast ja recht. Bei mir sind es aus recht viele Leser, die die Blogs über nen Feed lesen. Und deshalb schließe ich mich an und unterstütze deine Petition !

  6. Hallo Kristine,

    super, dass Du Werbung für den Full-Feed machst. Ich sehe es genau, wie Du: Mir ist es egal, WIE mein Blog gelesen wird. Ob im Web-Browser oder via Feed-Reader.

    Dennoch wird das Thema Short-Feed vs. Full-Feed ein Dauerbrenner bleiben. Und aus diesem Grunde möchte ich an dieser Stelle eine iOS-App vorstellen, die mir das Leben auf bei Short-Feeds einfacher gemacht hat. (Sorry, Kristine, aber für den versprochenen Blogpost habe ich gerade keine Zeit).

    Da mich die gekürzten Feeds vor allem unterwegs ärgern, habe ich nach einer App für mein iPad gesucht, mit der ich auch Offline die Blogposts meiner Feed-Abos lesen kann. Fündig wurde ich dann irgendwann bei einer App namens Byline. Diese App synchronisiert sich nicht nur mit Google Reader (hoffentlich bald auch mit Feedly), sondern lädt bei den Short-Feeds auch automatisch die Web-Seite, die man sonst erst bei dem zusätzlichen Klick zum Weiterlesen zu Gesicht bekäme. All dies wird inklusive Fotos etc. zum Offline-Lesen zwischen gespeichert.

    Die App ist daher für mich auch äußerst praktisch, wenn ich fliege. Kurz noch am Gate per 3G oder WiFi synchronisieren und ich habe genug Lektüre für den Flug :-)

  7. Gegen gekürzte RSS feeds braucht man kein Plädoyer. Diese Verkrüppelung von RSS Feeds ist wie Internetwerbung letztendlich ein technisches Problem, also gibt es eine technische Lösung. Oder sogar 5 davon.

  8. Imho ist der Sinn der Gleiche. Der gekürzte Feed soll zum Werbung klicken auf der Seite animieren.

    Ob sinnvoll oder nicht, ich finde alles was mich vom Lesen abhält nervig. Dazu gehört Werbung, „Like me on Facebook“ Popups, Sidebars und sogar flashiges Design. Deswegen sind Feedreader so toll, alles lässt sich streamlinen.

  9. Kann ich so nur unterschreiben.
    Gekürzte Feeds sind einfach nur nervig und verleiten mich in den wenigsten Fällen dazu ein auf den Blog zu klicken.

  10. Hallo Kristine,

    ich bin nach wie vor ein Verfechter der gekürzten Feeds und muss euch daher widersprechen. Klar, für den (RSS)Leser ist es aus Bequemlichkeitsgründen bedeutend einfacher, Content zu lesen, ohne auch nur einmal die Ursprungsseite aufzurufen. Und natürlich sollte man den Erfolg eines Blogs nicht allein an irgendwelchen blanken Zugriffszahlen festmachen. Dennoch ist es für einen professionell ausgerichteten Blogger eben doch essentiell, dass auch tatsächlich der eigene Blog aufgerufen wird.

    Je mehr Content außerhalb des Blogs gelesen wird, desto weniger Monetarisierungsmöglichkeiten stehen dem Blogger offen und das, obwohl er ja ohnehin in aller Regel schon unvergütet seine Arbeit leistet. Oft höre ich dann als Gegenargument „Aber es geht doch nicht immer nur um’s Geld..!“ – vollkommen richtig. Die Verdienstmöglichkeiten von Bloggern sind auf dem deutschsprachigen Markt ohnehin so gering, dass man eine „Blogflucht“ nicht noch unterstützen sollte.

    Bringe ich diese Aussage an, so höre ich oft „Na, aber auf die 20-30 RSS Leser kommts ja nun wirklich nicht an.“ Aha – wenn es auf sie nicht ankommt, warum richtet man sich dann auf deren Bequemlichkeit ein? Zudem frage ich mich, ob ihr irgendwann alle zurückrudert, wenn RSS plötzlich zum Mega-Trend wird und gut 90% eurer Leser den Content „extern konsumieren“? Natürlich müssen wir dabei ein bisschen differenzieren: wer einfach nur seine Meinungen und Inhalte streuen möchte, dem kommt es weniger auf das konkrete Konsummedium an. Einer Partei, einem Event-Veranstalter oder auch einem privaten Blog ohne professionelle Ansprüche stellt sich die Frage daher oftmals nicht: hier ist der Full Feed durchaus sinnvoll, denn möglicherweise werden eben doch eine handvoll Leute informiert, die zu bequem sind, die eigene Seite aufzurufen.

    Bei einem Reiseblog mit gewissem Anspruch, der letztlich auch von der Interaktion, der Diagonalclicks der User und dem aktiven „social networking“ lebt, halte ich komplette Feeds hingegen für ein Phänomen, das man nicht unterstützen sollte. Kein klar denkender Verleger, Publisher oder Chef-Redakteur würde es unterstützen, wenn seine (z.B. Zeitungs-)Inhalte zeitgleich in voller Länge in einem kostenlosen Drittmagazin zusammengestellt würden und dort vollständig dem Leser serviert werden. Es sei denn, der Content würde auch fair von den Drittverwertern (Providern/Herstellern der Feed-Reader) vergütet.

    Und nun steinigt mich ;-)

    Schönen Abend,
    Alex

  11. @Alex: Gesteinigt wird hier keiner. Und auf meinem Blog schon mal gar nicht! Letztlich geht es ja darum, die verschiedenen Ansichten darzustellen – und letztlich kann jeder dann seine eigene Entscheidung treffen.
    Wenn für dich beim RSS-Feed v.a. das Thema Werbung ein Thema ist – wieso nicht auch dort Werbung einbinden? Wird aktuell noch kaum gemacht und sollte gerade dadurch eine hohe Aufmerksamkeit erhalten.

  12. Mir geht es nicht in erster Linie um die Zahlen oder die Monetarisierung (gleichwohl wichtige Punkte, siehe Alex Kommentar) – sondern um die Gesamtanmutung der Beiträge. Und da fällt sowohl bei den gestalterischen Aspekten als auch bei den Zusatzinformationen (zum Autor, eine Karte, etc.) viel weg.
    Ich möchte aber die Beiträge in diesem Gesamtkonzept zeigen, deswegen gibt es bei Reisedepeschen nur gekürzte Feeds…

  13. Ich habe eben auf Twitter gelesen, dass die von mir favorisierte Feedreader-App „Byline“ eine Schnittstelle zu Feedly erhält! Somit brauche ich mich nicht wirklich na etwas Neuem umsehen.

  14. Mit was erstellt man denn so einen RSSVoll-Feed und was ist denn da für Firefox geignet?
    Die Feeds die ich kenne oder wir haben bzw. mit Firefox gelesen werden sind alle kurz.
    Sorry für die Fragen aber kein Profibloger.
    Der Artikel und die Fragen sind interessant führen aber für mich gerade nicht weiter.
    mfg.

  15. Hallo ChirimoyaToursPeru,
    ihr klickt einfach im Admin-Bereich eures Blogs auf Settings > Reading. An dieser Stelle könnt ihr auswählen: „For each article in a feed, show Full text OR Summary“. Hiermit bestimmt ihr, was von eurem Blog im RSS-Feed eurer Abonnenten angezeigt wird. Dies ist unabhängig davon, ob ihr oder eure Abonnenten über Firefox oder einen anderen RSS-Reader lesen.
    Viele Grüße,
    Kristine

  16. Pingback: Tipps zum Abonnieren von Blogs | Kristine Honig

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