Blogger im Ausland: Ulrike in Scheveningen

Meine Serie über Blogger im Ausland habe ich euch gestern schon angekündigt. Zum Start bleiben wir allerdings erst einmal ganz in der Nähe. Im Nachbarland Holland, um genau zu sein. Beziehungsweise für die Sprachpuristen unter euch: in den Niederlanden.

Simone mit ihrem Blog Nach-Holland.de habe ich euch hier schon einmal vorgestellt. Doch ist sie nicht die einzige, die mittlerweile in den Niederlanden ein neues Zuhause gefunden hat. Auch Ulrike wohnt schon seit mehreren Jahren bei den „Käsköppen“. Warum, das hat sie mir erzählt.

Ulrike Grafberger von scheveningen-strand.de

Ulrike Grafberger von scheveningen-strand.de

 

Ulrike, wo kommst du ursprünglich her und seit wann sowie warum wohnst du in Scheveningen?

Ursprünglich komme ich aus Franken, aufgewachsen zwischen Hügeln und Bergen, Schweinebraten und Bratwürsten. Schon während meines Studiums war ich gerne unterwegs und habe im Ausland studiert. Später hat es mich in den Norden Deutschlands verschlagen und im Jahr 2004 nach Scheveningen. Der Grund ist ein klassischer: Deutsche Frau verliebt sich in einen holländischen Mann. Nun, seitdem lebe ich im Den Haager Stadtteil Scheveningen.

 

Aus den Bergen also ab ans Meer. Wodurch unterscheidet sich dein Leben in Holland ansonsten hauptsächlich vom Leben in Deutschland?

Ich mag die Holländer mit ihrer ungezwungenen und lockeren Art. Statussymbole sind hier nicht so wichtig wie in Deutschland.

Was sich jedoch als schwierig erwiesen hat, war das Arbeiten. So manches Mal war ich kurz davor, meine Koffer zu packen und zurück nach Deutschland zu gehen. Ich bin seit 15 Jahren Freelancer und schreibe – Bücher, Webseiten, Broschüren, Zeitungsartikel, Reiseführer, alles in deutscher Sprache. Einige meiner deutschen Kunden konnte ich behalten, musste mir aber in Holland einen neuen Kundenstamm aufbauen. Das war manchmal schwierig, denn als deutsche Journalistin und Texterin bewegt man sich in einer Nische. Außerdem wurde ich von den hier bereits tätigen Korrespondenten nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen, denn ich könnte ihnen ja Arbeit wegnehmen. Doch mit der Zeit zeichneten sich immer mehr Chancen ab: Zwei Länder und zwei Sprachen gut zu kennen war mein Vorteil.

Inzwischen habe ich viele interessante niederländische Kunden, die auf dem deutschen Markt tätig sind und jemanden brauchen, der mit der deutschen Sprache und Kultur vertraut ist.

 

Seit wann betreibst du deine Website Scheveningen-Strand.de und was war die „Initialzündung“ hierfür?

Im Jahr 2008 habe ich mit einem Kollegen das Buch „Texten für das Internet“ geschrieben. Inhalt: Wie schreibt man Texte, die gern gelesen, aber auch von Suchmaschinen gut gefunden werden. Und so ist meine Website Scheveningen-Strand.de entstanden.

Ich wollte das Thema einfach mal für mich ausprobieren. Eigene Website, eigenes Blog. Und das hat so viel Spaß gemacht, dass ich inzwischen eine recht umfangreiche Website mit Blog, Facebook-Seite und Twitter-Account aufgebaut habe. Es gibt kaum einen Tag, an dem ich nicht mit Fotoapparat für meine Website unterwegs bin. Und das Schönste ist: Meine Leser wissen, dass ich vor Ort bin und schätzen das. Ich bekomme viel Feedback und habe den ein oder anderen persönlichen Kontakt dadurch aufbauen können.

 

Welche Inhalte findet man auf deinem Blog? Warum sollte jemand, der nach Holland fahren möchte, dein Blog besuchen?

Auf meiner Website Scheveningen-Strand.de findet man so ziemlich alles Wissenswerte über Scheveningen – von der Unterkunft über Restaurants-Tipps bis zum nächstgelegenen Aldi. Dazu kommen Hinweise zu den schönsten Strandabschnitten, eine Menge Fotos, Tipps für Familien mit Kindern und Veranstaltungshinweise. Außerdem gibt es Informationen über Den Haag, denn Scheveningen ist ein Stadtteil von den Haag.

Und weil ich irgendwann auch von anderen Städten und Regionen der Niederlande erzählen wollte, entstand mein Blog Unterm Meeresspiegel, das etwas bildlastiger ist als Scheveningen-Strand.de.

 

Wodurch unterscheidet sich dein „Deutsche in Holland“-Blog von einem „normalen“ Reiseblogger-Beitrag über Holland?

Ganz einfach: Ich bin kein Tourist, sondern lebe hier. Ohne dabei meinen deutschen Blick auf die Geschehnisse verloren zu haben. So konnte ich mich noch immer nicht mit dem holländischen Essen anfreunden und ärgere mich auch über den oft schlechten Service in den Niederlanden. Ich kenne die kleinen Fallgruben in Holland besser als die meisten Touristen.

So wie auch Simone in ihrem Blog Nach-Holland.de können wir praktische Informationen geben, die viel tiefer gehen als ein normales Reiseblog. Themen wie Leben in Holland, Auswandern, Schulsystem, Arbeitsbedingungen, Arztbesuch, aber auch die günstigsten Reiseangebote und Flüge kennen wir gut, da wir jeden Tag mitten im Thema sind.

 

Als quasi Einheimische wollen wir natürlich von dir auch wissen: was muss man unbedingt in Scheveningen bzw. Holland gesehen haben, steht aber in kaum einem Reiseführer?

Für Scheveningen würde ich sage: Der Zuiderstrand in Scheveningen ist wunderschön und nicht so voll wie die Gegend rund um den Boulevard.

Eine typisch holländische Sehenswürdigkeit sind die Hofjes, kleine Oasen inmitten der Stadt. Mehrere kleine Häuser reihen sich um eine Grünfläche. Diese Hofjes wurden für mittellose Witwen erbaut, um ihnen ein Leben im Schutz der Gemeinschaft anderer Frauen zu ermöglichen. Die meisten Hofjes sind heute noch bewohnt, allerdings nicht mehr nur von armen Witwen, sondern auch von Studentinnen und alleinstehenden Frauen. Hofjes gibt es in vielen holländischen Städten wie Den Haag, Leiden und Amsterdam. Man muss sie allerdings suchen.

 

Und, wie immer meine letzte Frage: Für welche Art von Kooperationen stehst du für touristische Unternehmen zur Verfügung – für welche nicht?

Wir Reise-Blogger und -Journalisten können unseren Job nur dann machen, wenn wir eine bestimmte Unterstützung erfahren. Das heißt natürlich noch lange nicht, dass wir käuflich sind. Unsere Meinung bleibt immer unsere eigene. Und das schließt auch mit ein, dass man beim Thema bleibt. Wenn man auf einem Blog über Holland für das neueste Mammutpanzer-Ballergame wirbt, dann ist man nicht mehr glaubwürdig. In diesem Sinne: Ich stehe für alle Kooperationen offen, bei denen ich meine Sicht der Dinge vertreten darf und die mit den Themen in Verbindung stehen, die mich und meine Leser interessieren.

Außerdem mache ich Übersetzungen. Was mich dabei auszeichnet, ist nicht nur das Übersetzen, sondern – mit den niederländischen Texten als Input – das Neu-Schreiben in deutscher Sprache. Da kommt es mir zugute, dass ich Texterin bin. Denn mit dem Übersetzen von NL in DE ist es ja in der Regel nicht getan. Vieles ist im Deutschen einfach anders, zum Beispiel die Ansprache (du/Sie) oder die Tonalität (die Holländer sind direkter, im Deutschen wird ein bisschen „mehr um den heißen Brei herumgeredet“). So kam es, dass ich beispielsweise für einen niederländischen Verlag, der auf den deutschen Markt ging, zwanzig Reiseführer lektoriert und eine eigene Tonalität für die deutsche Leserschaft geschaffen habe.

 

Also, liebe Holländer, jetzt wisst ihr auch, an wen ihr euch fürs Texten wenden könnt. Herzlichen Dank, liebe Ulrike, für dieses Interview. Bzw. besser: hartelijk bedankt!

Herzlichen Dank an dich, Kristine!

 

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Ich unterstütze touristische Unternehmen bei ihrer Strategie, v.a. in Bezug auf Stakeholder-Management, Zielgruppen und Produkt-Entwicklung. Auf diesem Blog schreibe ich darüber sowie über meine Herzensthemen Barcamps und das Bloggen an sich. Mehr gibt es bei „Über mich“. Du kannst mich übrigens auch buchen. Ich bin Beraterin und Netzwerkpartnerin bei Tourismuszukunft. Infos sowie Kontaktdaten: Kontakt.

6 Kommentare Schreibe einen Kommentar

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  2. Käsköppe find ich ein Bischen deplaziert. Wenn, dan müsste es „Kaaskoppen“ heissen, oder?

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