Professionalisierung: Unternehmen & Reiseblogger

Blogger Relations Professionalisierung von Bloggern und Unternehmen

Alex vom NIEDblog hat am Mittwoch einen sehr interessanten Beitrag über die Professionalisierung von Reisebloggern geschrieben. Ich glaube, dass Reiseblogger auch immer professioneller werden, da sie sich untereinander aktiv austauschen. Sie folgen sich gegenseitig in den verschiedenen Social Media Kanälen, „reden“ miteinander. Reiseblogger profitieren so von den Erfahrungen der jeweils anderen.

Doch genügt es nicht, dass sich nur die Reiseblogger professionalisieren. Auch die touristischen Unternehmen müssen ihre Sicht auf Reiseblogs überdenken und anpassen. Hören die Unternehmen den Reisebloggern überhaupt zu?


Wie informieren sich Touristiker über die Szene der Reiseblogger? Über die Fach-Zeitschrift FVW, die Zeitschrift für die Fremdenverkehrswirtschaft? Auf deren Website habe ich folgende 6 (!) Beiträge bei der Suche nach dem Begriff „Reiseblog“ gefunden:

FVW.de: Suche nach Reiseblogs, 3.8.2011

FVW.de: Suche nach Reiseblogs, 3.8.2011

Zwei dieser Beiträge stammen aus dem aktuellen Jahr und jeweils ein Beitrag aus 2011, 2010, 2008 und 2007. Inhaltlich geht es in erster Linie um Reiseblogs von Reiseveranstaltern. Blogs von echten Reisebloggern finden in der FVW also wohl nicht statt.

Interessant wäre deshalb zu sehen, inwieweit Touristiker in den Unternehmen relevanten Blogs über deren RSS-Feed folgen. Das ist jedoch leider nicht nachvollziehbar. Was jedoch nachvollziehbar ist: welchen Seiten folgen die offiziellen Facebook-Pages und Twitter-Kanäle von touristischen Regionen und Ländern?

Wenn ich mir so meine Twitter-Follower anschaue, stelle ich fest: die Reiseblogger folgen mir zurück, touristische Unternehmen nur sporadisch. Gerade für Unternehmen gilt jedoch noch immer die Netiquette, Followern zurück zu folgen. Ob sie sich für alle deren Tweets interessieren, sei einmal dahingestellt. Über Twitter-Listen könnten touristische Accounts für sich relevante Informationen selektieren. Wieso nicht eine Liste anlegen rund um regionale Twitter-Accounts der eigenen Region, eine Liste von twitternden Unterkünften der Region, aber ebenso eine Liste mit Social Media News – und eben eine für Reiseblogs? Diese Listen wären nicht nur für die touristischen Unternehmen selbst interessant, sondern würden auch andere Twitter-User dazu einladen, diese zu abonnieren.

Ich bin meine eigene Twitter-Liste der touristischen Regionen durchgelaufen und habe mir die erstellten Listen von deren Accounts angeschaut. Erschreckend viele verfügen noch immer über keinerlei Listen und folgen auch keinen fremden Listen. Immerhin über die Hälfte der Accounts nutzt dieses Tool jedoch. Hier finden sich vorrangig Listen von Anbietern aus der Region, Reiseveranstaltern oder in ganz seltenen Fällen auch von Journalisten. Listen mit Reiseblogs gibt es kaum. Wenige Ausnahmen sind:

Es ist deutlich: eigene Listen relevanter Blogger werden so gut wie nicht aufgebaut, man folgt bestehenden, allgemeinen Listen – welche im Zweifelsfall weniger relevant für einen selbst sind – oder ignoriert das Thema Reiseblogs komplett.

Wie sieht das für die Facebook-Pages aus? Für meine eigene Page kann ich folgendes feststellen: Ich folge natürlich auch hier einigen Reise-Pages. Zurückfolgen findet jedoch nicht statt. Ich habe mir die „Gefällt mir“ von Reise-Fanpages einmal angeschaut. Es geht in die gleiche Richtung wie bei Twitter, jedoch noch deutlich extremer. De facto wird hier nur Seiten gefolgt, welche zur eigenen Region gehören – als Subregion/Stadt oder Attraktion/Museum. Die Bezeichnung „Gefällt mir“ legt dies allerdings natürlich auch sehr nahe.

Google+ kann man aus dieser Betrachtung getrost erst einmal heraus lassen, da noch immer extrem wenige touristische Unternehmen hier präsent sind.

Es kann natürlich sein, dass in den Unternehmen umfangreiche Übersichten mittels Excel aufgebaut werden. Auch das ist in jedem Fall empfehlenswert, um eigene Anmerkungen zu Reiseblogs mit aktuellen Zahlen kombinieren zu können und alles auf einen Blick zu haben.  Eine solche Übersicht ermöglicht eine schnelle Auswahl von relevanten Bloggern zu spezifischen Themen. Doch eine Excel-Übersicht beinhaltet eben nicht all die neuen Beiträge, die Gespräche der Reiseblogger untereinander, die aktuellen Themen, die sie bewegen. Eine Excel-Liste ist eine Momentaufnahme, Social Media ist laufend. Und so kann eine Datei auf dem Rechner nie die sozialen Medien selbst ersetzen.

Es macht für mich den Anschein, dass touristische Unternehmen/Regionen die sozialen Netzwerke selbst in sehr geringem Maße nutzen, um sich über aktuelle Influencers im Bereich Reiseblogs zu informieren. Besonders Twitter bietet sich hierfür als idealer Kanal an. Deshalb der Aufruf an euch: Nutzt Social Media nicht nur, um über euch zu informieren, sondern auch, um euch selbst zu informieren. Folgt Reisebloggern und sprecht diese an. Nehmt selbst an Blogparaden teil oder ruft zu solchen auf. Schaut hierfür doch einmal auf zum Beispiel blog-parade.de vorbei. Vor allem: klärt intern, wer für das Thema Reiseblogger zuständig ist – die Presse- oder die Marketingabteilung. Wenn bereits dies nicht eindeutig geklärt ist, passiert im Zweifelsfall gar nichts.

Eine wichtige Schlüsselstelle stellt der Online-Redakteur eines Unternehmens dar. Oft bekommen diese zuerst mit, wenn Reiseblogger auf Beiträge reagieren oder auf unterschiedlichen Kanälen neu folgen. Je nach Verteilung von Aufgaben und Verantwortung ist dem Online-Redakteur dies jedoch eventuell komplett egal – Hauptsache, es gibt Rückmeldungen, Interaktionen auf seine Beiträge. Und so sollten auch die Online-Redakteure für das Thema Reiseblogger sensibilisiert werden. Sie sollten Reiseblogger nicht nur als reine Follower betrachten, sondern als wichtige Multiplikatoren im Markt. Ja, eine neue Form des Journalismus. Und so sind die Online-Redakteure angehalten, wichtige und relevante Blogger im Reisesegment zu identifizieren.

Was bei Reisebloggern ohne großen Aufwand und ohne großes Nachdenken funktioniert – der Austausch untereinander – muss für Unternehmen oft noch organisiert werden. Tauscht euch mit euren Partnerregionen aus, welche Erfahrungen im Social Media Bereich und mit Reisebloggern bereits bestehen. Und dabei sollte es nicht nur um die sogenannten Best Practices, sondern auch um Worst Practices gehen. Denn gerade von negativen Erfahrungen können alle stark profitieren und lernen, diese zukünftig zu vermeiden. Besprecht, wie ihr gemeinsam auf Reiseblogger zugehen und beispielsweise eine gemeinsame Pressereise für Reiseblogger aufsetzen könnt. Am besten: fragt die Reiseblogger selbst, wie sie das Ganze sehen, wie deren Erwartungen an euch sind. So vermeidet ihr Enttäuschungen und unnötige Arbeit.

Für Reiseblogger heißt das das oben Ausgeführte: die Aufmerksamkeit von touristischen Unternehmen kann selten subtil über ein bisschen Folgen, Erwähnen und Teilen erreicht werden. Natürlich ist dies wichtig, um prinzipiell ins „Gesichtsfeld“ des Unternehmens zu gelangen. Doch ob man hierdurch tatsächlich im „Gesichtsfeld“ landet, ist letztlich doch fraglich. Deshalb gilt: Geht aktiv und direkt auf touristische Unternehmen zu und wartet nicht, bis diese es tun. Bittet um die Aufnahme in bestehende und passende Twitter-Listen. Bittet um Aufnahme in den Presseverteiler und schickt eure Mediadaten – am besten sowohl an die Presse- als auch die Marketingabteilung. Ruft die Touristiker an, um nach Kooperationsmöglichkeiten zu fragen. Vereinbart Termine auf Messen oder im Büro, um euch persönlich kennenzulernen. Kurz: Zeigt euch!

Bleibt mir noch eine persönliche Überlegung: an sich startete ich dieses Blog, um touristischen Unternehmen Tipps zur Präsentation in sozialen Netzwerken zu geben. Dafür müssten die Touristiker selbst sich aber erst einmal in den sozialen Netzwerken bewegen. Statt dessen folgen mir beispielsweise v.a. die Reiseblogger. Sie waren auch diejenigen, die auf meine Serie zum Thema Reiseblogger im Tourismus (ausgerichtet an sich auf Unternehmen) reagierten. Die touristische Ecke blieb hingegen ruhig. Und so gilt mein Aufruf an die Reiseblogger gleichzeitig auch an mich selbst: Zeig dich!

 

Das könnte dich auch interessieren:

Ich unterstütze touristische Unternehmen bei ihrer Strategie, v.a. in Bezug auf Stakeholder-Management, Zielgruppen und Produkt-Entwicklung. Auf diesem Blog schreibe ich darüber sowie über meine Herzensthemen Barcamps und das Bloggen an sich. Mehr gibt es bei „Über mich“. Du kannst mich übrigens auch buchen. Ich bin Beraterin und Netzwerkpartnerin bei Tourismuszukunft. Infos sowie Kontaktdaten: Kontakt.

5 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Okay, ich muss also meine Twitter Listen überarbeiten, dachte ich gerade und fing auch gleich frohen Mutes damit an. Ich weiß ich auch wieder warum ich das habe schleifen lassen, weil es so unglaublich nervig und zeitaufwändig ist – finde ich.Die Zuordnung dauert so lange – mehrere Klicks. Ich fände die schön, wenn man den einzelnen Twitter Account gleich beim Folgen einen Tag / Schlagwort zuordnen könnte und dann danach filtern. Ist ja dann ähnlich wie die Listen.Ich glaube dadurch das es so umständlich ist mit den Listen, setzt sich diese Funktion noch nicht überall durch und wird von den wenigsten verwendet.Folge jetzt erstmal deiner "Reiseblogger" Liste. Danke für deine Arbeit ;-)LG Christina

  2. Hi Christina,danke dir! Ich habe mir mittlerweile auch angewöhnt, neue Followings direkt in Listen einzuordnen. Denn einen großen Schwung auf einmal zu machen, ist tatsächlich einfach sehr nervig.Schön finde ich auch die Funktion, Accounts in Listen abzulegen, aber ohne zu folgen. Gibt ja auch solche, die zu einem Thema gehören, die man aber nicht täglich in seiner Timeline haben möchte.LG und bis nächste Woche persönlich!Kristine

  3. Listen? Oh ja, da war doch mal was. Gerade überraschend festgestellt, daß ich in 4 Listen drin bin, allein 2 von dir Kristine und ich habe keine einzige abonniert. Schäm. Ich muß mich definitiv etwas mehr mit diesem Twitter Zeug beschäftigen. ;-)Gruß Simone

  4. Pingback: Wochenrückblick KW 31/2012 | Kristine Honig

Schreibe einen Kommentar